Volltext: Der Sammler 10. Jahrg. 1914 (1914)

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gekommener <St. Georg seit Jahrhunderten mit 
erlebt hat, von der er uns erzählen könnte wie 
kein anderer. 
Und freuen würde er sich auch darüber, 
daß es eine Gerechtigkeit, daß es eine Wieder- 
vergeltung gibt, die ihn aus seinem Kerker 
befreite, in dem er durch 30 Jahre den Menschen 
entzogen war, die früher froh und zuversichtlich 
zu ihm emporblickten. Freuen würde er sich, 
daß er nach so langer Kränkung und nach un 
erhörter Drangsalierung mit Kalk, Ruß und 
Farbe, verjüngt seinen Ehrenplatz beziehen kann, 
in einer Zeit in der Weltgeschichte von einer 
Größe gemacht wird, wie er selbe vergeblich in 
seinen bisherigen Erlebnissen suchen würde. 
Damit ist auch der Frevel gesühnt, dem er 
schon ganz zum Opfer gefallen schien — er ist 
wieder am Platze und erzählt uns, was er 
erlebt hat, daß er mit der Stadt Leid und 
Freud geteilt hat. 
Ist doch seit seinem vermutlichen Geburts 
jahr im 17. Jahrhundert ein mächtiger Zeit- 
strom vorübergerauscht, der der Stadt im 
Ueberfluß mehr Not und Sorge als Erfreuliches 
gebracht hat. 
Unzweifelhaft war der Brunnen am oberen 
Stadtplatze, den St. Georg bekrönte, dem 
Brunnen am unteren Stadtplatze im Alter 
voraus, vielleicht um ein Jahrhundert. Dies 
geht, wie schon einmal ausgeführt, aus der 
Stilart der Brunnen hervor. 
St. Georg zeigt im Wappen die ausge- 
sprochene Renaissance, während St. Florian 
vom unteren Stadtbrunnen eine ausgesprochene 
Barock-Figur ist, deren Alter mit dem Jahre 1667 
bestimmt wurde. Für uns gilt der St. Georg 
am oberen Stadtbrunnen als der Repräsentant 
einer mindestens 300jährigen Stadtgeschichte und j 
darum flößt er uns so etwas wie Ehrfurcht ein. | 
In Kriegszeiten wurde er geboren. Das ge 
fürchtete Passauervolk muhte er in der Stadt 
dulden, eine gewalttätige Horde, unter Anführung 
des berüchtigten Oberst „Ramauf". Zur Zeit 
des Herzogs Max von Bayern, der Schärding 
zu einer wehrhaften Festung gegen das unruhige 
Oesterreich ausgestaltete (1623), ging es nicht 
viel besser her als unter den Passauern. 
Es gab im herzoglichen Schlosse ein leb 
haftes treiben. Die katholische Liga des 30jäh- 
rigen Krieges wurde geschmiedet, deren Haupt- 
reprässentant der Herzog Max von Bayern war. 
Tyli und Pappenheim wandelten zu Füßen des 
Stadtbeschützers. 
Bon der Furcht und Angst der Stadt 
bewohner nicht gerade des nahenden Feindes 
halber, sondern der schleichenden Krankheiten, 
wegen ist St. Georg so Manches bekannt. Die 
Furcht vor denselben brachte die Leute auf die 
Beine und so sah St. Georg fromme Stif 
tungen als Abwehr, die Sebastian-Kirche und 
das Kapuziner-Kloster begründen. 
Zur Zeit des Türken Krieges sah der Stadt 
patron verwundert gar hohe Herrn. Es war 
das hochpreisliche Kollegium des kaiserlichen 
Reichshofrates des Kaisers Leopold I. von Oester 
reich, das vor den Türken aus Wien geflohen 
waren. 
Unter dem kampflustigen Kurfürsten Mhx 
Emanuel, was müßte da der Beschützer der Stadt 
alles wahrnehmen? Seine Stadt wurde für die 
Oesterreicher das Einfallstor gegen sein eigenes 
Vaterland. Er konnte es nicht hindern, daß die 
feindlichen Kanonenkugeln im spanischer Erbfolge 
Kriege, die Stadt anzündeten und die Bewohner 
in namenlosen Schrecken und Angst versetzten. 
Er sah es, wie diese erleichtert aufatmeten, als 
nach Beendigung des Krieges auf Befehl Oester 
reichs die Festungswerke geschleift wurden. Aber 
diese Freude währte nicht lange, denn nun kam 
der große Bauernaufstand und da geschah es. 
Und war der Knecht nöt recht beinand 
Und d'Roß nöt recht votraut, 
Da wars oft gar koan Wunder nöt 
Es gruslat Manchen d'Haut. 
Und wia ma aasten das Getqs 
Born Wasserfall ka hörn, 
O Vivat! denki, das is recht 
Jetzt konns nöt lang mehr währn. 
Ast wia ma ums Eck eini kimmt 
Da sieht ma auf a mall. 
Das weltberühmt Gasteiner Bad 
Und tief die Ach im Thal. 
Grad wia ma oft a Krippe! malt 
Bald Felsen und bald Haus, 
A Wassa das hochaba fallt 
A so schauts Wildbad aus. 
Aber wann ma zuwi kimmt 
Da muaß ma wieda schaun. 
Da toans ja Häuser, wia d'Paläst 
AIs wia in Wean schon baun. 
Endli halt da Wagn a mall 
Beim obern Kramer stad, 
I spring glei a und frag oft wem, 
Is d'Wirthin z'Gstötten da. 
Auf Rumro Sechs, sagt Kellnerin 
Und weist mi ei für d Thür, 
D' Frau Wirtin (na ma denkt sös leicht) 
Dö schaut a so in mir. 
Zerst moants i bis — aft wieda nöt 
Und möcht auf mi gern schrein, 
Sie draut sö aberddennacht nöt 
Und moant i machts nöt sein. 
Und ersten wia i näha kim 
Da glaubts es erst recht fest. 
Daß das, was von mir gseha hat 
Koa Geist, koan Tram is gwest.
	        
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