Volltext: Der Sammler 8. Jahrg. 1912 (1912)

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Schloß und die Stadt Schärding die Wechsel 
fälle des Glückes empfindlich zu spüren be 
kommen. 
Anno 1724 und 1775 wurde das Schloß 
vom Feuer zerstört. Nach dem zweiten Brande 
wurde das einstens so stolze Schloß nicht mehr 
erbaut. Der Friedensschluß zu Teschen 1779 
brachte an Stelle der bayerischen die österreichische 
Herrschaft und damit hatte das kurfürstliche Haus 
selbstverständlich kein Interesse mehr an der 
Wiedererbauung des Schlosses. Die Franzosen 
gaben den noch vorhandenen Mauern 1809 den 
letzten Rest und 1868 wurden die noch übrig 
gebliebenen Außengebäude von 4 Interessenten 
um 3245 Gulden im Lizitationswege erstanden. 
Das war das Schicksal des einstens weit 
hin gebietenden Schlosses Schärding. 
8ic transit Gloria mundi! 
Der ehemalige Schloßturm wurde in zwei 
Zeiten gebaut, der rückwärtige Teil 1506, der 
vordere Teil 1583. Im Jahre 1863 hat diesen 
Schloßturm die Stadtgemeinde um 1600 Gul 
den erstanden. (Heute Stadtmuseum.) 
Das heutige Post- und Telegraphenamt 
war 1500 Rathaus. Nachdem das neue Rat 
haus 1594 gebaut war, wurde aus dem früheren 
Rathaus die städtische Getreideschranne. 1824 
kam dieses Gebäude in Privatbesitz. 
Das Haus Stadtplatz Nr. 7 gehörte 1636 
der „Unserer Lieben Frau-Rosenkranz-Erzbruder- 
schaft". 
Es war der Aufbewahrungsort für die der 
lobwürdigen Erzbruderschafe gehörigen Pretiosen, 
Paramente und Gewänder, Ornate, Fahnen, 
Bildnisse und anderer Geräte und war die Woh 
nung des Bruderschaftsdieners. 1809 abgebrannt. 
Haus Nr. 9, heute Schließleder, war bis 
1594 städtisches Brothaus, dann wurde selbes 
verkauft. Aus den Ausschreibungen ist nicht er 
sichtlich, wann das Trutzbild entstanden ist. 
Einige Andeutung über die Zeit gibt uns das 
Kostümbild selbst.. Es entspricht dies der bür 
gerlichen Männertracht aus der Mitte des 
17. Jahrhunderts. 
1650 war Johann, Heger Besitzer des 
Hauses; er war Landesgerichtsprokurator, 1675 
Mathias Luger, Stadtgerichtsprokurator. 
Da das Spottbild mit Vorkommnissen im 
Rathause im Zusammenhange sein soll, ist es 
wohl mehr als wahrscheinlich, daß einer der 
beiden Genannten das Bild malen ließ. 
Das heutige Haus Nr. 10, dem ^Maler 
Zierer gehörig, war anno 1395 lateinische Schule, 
später wurde daraus die Stadtschule. 
Von dem Nachbarhause Nr. 11, das 1809 
auch abgebrannt ist, wäre zu bemerken, daß auf 
diesem Hause die Melblerei oder Fragnerei seit 
1699 ohne Unterbrechung betrieben wird. 
Das Haus Stadtplatz Nr. 13 war von 
1609—1819 Benefiziatenhaus der Eisenthaler- 
schen Stiftung. 
Das heutige Haus der Kleinkinderbewahr 
anstalt war 1500 Amtshaus oder landgericht 
liche Fronfeste, dann Stadtschörgenhaus und 
später Stadtschulhaus bis 1890. 
Am Hause Nr. 16 war von 1793 bis 1896 
der Name Oberhuber, ihres Zeichens Tuchmacher. 
102 Jahre hat sich dieser Name erhalten. 
Das nächste Haus Nr. 17 war das Sei 
friedsbergerische Benefiziatenhaus. 
Von den nun folgenden Häusern der Sil 
berzeile nehmen unsere Aufmerksamkeit zunächst 
die Häuser Nr. 20, 21, 22 und 23 in Anspruch. 
Sie waren durch einen Zeitraum von 200 Jahren 
im Besitze einer und derselben Familie, derer 
von Ort. 
Die Ort gehörten unstreitig zu den vor 
nehmsten Patrizierfamilien der Stadt. Und auch 
die am längsten dauernde Dynastie unter allen 
Bürgersfamilien weist die Familie Ort auf. 
Der erste Namensträger Jsak Ortner 
siedelte sich 1561 als Großhändler am Hause 
Nr. 22 (heute Apotheke) an. Er war des In 
neren Rates und starb 1573. Sein Grabmonu 
ment blieb erhalten und ist im Museums- 
torbogen zu sehen. Es ist sehr figurenreich, 
zeigt den Verstorbenen in kniender, betender 
Stellung. Oben ist unter anderen der schöne 
Spruch zu lesen: Es ist der Wille des Herrn, 
daß jener, der die Sonne sieht, nicht glaube, 
daß er ewig lebe. 
. Ihm folgte dessen Sohn Jakob, 1573, der 
ebenfalls nur am Hause Nr. 22 seßhaft und des 
inneren Rates war. 
25 Jahre später folgte dessen Sohn Hans 
Jsak Ortner. Dieser brachte es zu weiterem 
großen Ansehen und Vermögen. 1649 kam auf 
das Haus Nr. 22 die Apotheke und selbe ist seit 
103 Jahren im gleichen Familienbesitze. 1626 kaufte 
Ortner das Haus Nr. 21 und 24, 1615 das 
Haus Nr. 23. Dessen zweiter Besitzvorgänger war 
der Bürger Pramer, von dem die Pramerische 
Schulstiftung herstammt. 
Hans Jsak Ortner war Stadtbürgermeister 
und mit seiner Frau Regina Stifter des Bene- 
fiziums auf der St. Sebastianskapelle, welch 
letztere anno 1635 gebaut wurde. 
Auf den Häusern Nr. 19 und 20 waren 
die Ortner am längsten Besitzer. 
Dem Bürgermeister Hans Jsak Ortner 
folgte 1660 Johann Abraham Ortner, der 
bereits in den Adelstand erhoben war und das 
Prädikat führte auf Urschenbach und Kolenburg. 
Er war Sr. kaiserl. römischen Majestät Rat und 
kurbayerischer Landschafts - Grenzaufschlags. Ein 
nehmer und Hofrichter zu Formbach. Das 
Großhandlungshaus Ortner hat aufgehört zu 
fein. Die Reihe der Ort, früher Ortner, stirbt 
aus mit Freifrau Maria Josefa, der Witwe des 
letzteren, später verehelichte Freifrau von Pren- 
ker 1760. Von 1551 bis 1760, also 209 Jahre,
	        
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