Volltext: Der Sammler 3. Jahrg. 1907 (1907)

— 3 
bahnbrechende medizinische Wissenschaft hat den 
Zauber gebrochen und so ist die Erkenntnis an die 
Stelle hilfesuchender Unwissenheit getreten. Ja, so 
gänzlich haben sich die Zeiten geändert, daß heute 
das Erkennen und die richtige Erklärung der Ver 
wendung einzelner derartiger Gebrauchsgegenstände 
zu einem Teil der forschenden volkskundlichen 
Wissenschaft geworden ist, deren Resultate hervor 
ragend dazu geeignet sind, das Kulturleben jener 
Zeit richtig zu erfassen. 
Der Verein für österreichische Volkskunde in 
Wien hat in seinem 4. und 5. Hefte dieses Jahres 
in verschiedenen Abhandlungen wertvolle Beiträge 
über Volksmedizin und über den Gebrauch der 
Sympathiemittel veröffentlicht, und es ist ein an 
ziehendes Beginnen, diese Darstellungen auf die 
dem Museum gehörigen Gegenstände zu über 
tragen. 
Wir wollen uns zunächst, wie eingangs er 
wähnt, mit der Fraisenkrankheit und mit dem 
Verschreien der Kinder beschäftigen. Für Fraisen 
krankheit steht uns eine ziemlich reichliche Kollek 
tion von Nummern zur Verfügung, die fast alle 
aus der alten Schärdinger Bürgersfamilie Wis- 
hoser stammen. 
Da ist zunächst eine „Fraiskette" auch Heck 
wurmperlen genannt. Ingenieur Kornel Oester 
reicher nach Dr. F o s s e l schreibt hierüber in der 
österreichischen Volkskunde: 
„Hoch im Ansehen stehen die sogenannten 
Fraisketten auch Heckwurmperlen genannt. Zu 
ihrer Gewinnung wurde eine Natter gefangen und 
in einem Topfe verwahrt in einem Ameisenhaufen 
vergraben; die abgenagten Wirbelknochen der 
Natter wurden aneinandergereiht und dem Kinde 
als Kette um den Hals gehängt. Bei dieser An- 
Doch fanden ungebrochen 
Sie Schärdings Bürgerstnn. 
Der schaffte unverdrossen 
Trotz schlimmer Zeiten Lauf; 
Wie aus dem Schutt entsprossen 
Keimt neues Leben auf. 
Das wolle fortan dauern, 
Die Schöpfung hilft ja mit: 
Ein „Prosit" Schärdings Mauern, 
Sie stehen auf Granit. 
pretligiliea von Michael Denis. 
Geschenk für das städtische Museum in 
Schärding. Dazu bemerkt der Spender Professor 
Dr. K. Schiffmann in Linz: 
Für das Deniszimmer eine frühe Abschrift 
(zirka 1800, Gegend um Steyr) des von Denis 
gedichteten, rasch beliebt gewordenen und heute 
noch gesungenen Predigtliedes. Die Abschrift 
stammt aus der Zeit bald nach der Abfassung, 
als das Lied noch nicht in gedruckten Meß- und 
Liederbüchern stand, sondern von Pfarrern und 
Schulmeistern abschriftlich im Volke verteilt wurde. 
einanderreihung der Wirbelknochen wurde darauf 
geachtet, daß sie entweder in eine Leinwand ein 
genäht oder an einem „Madelgarne", das ist ein 
Garn, das ein Mädchen unter dem 7. Lebensjahre 
gesponnen hat, aneinandergereiht sind. 
Diese im Museum aufbewahrte Fraisenkette 
ist sehr gut erhalten und besieht aus einigen 
Hundert kleinen Wirbelknöchelchen. Es kann auch 
mit einiger Sicherheit angenommen werden, daß 
die Nattern, welche zu dem höheren > Zwecke den 
Ameisentot gefunden haben, die Bruchschlangen, im 
Volksmunde Blindschleichen genannt, waren, was 
auch mit der Bezeichnung Heckenwurm vollständig 
übereinstimmt. Bis jetzt war dieses Sympathie 
mittel lediglich als solches verzeichnet, das genaue 
Erkennen desselben danken wir den wiederholt er 
wähnten Ausführungen. 
Fraisenhauben besitzt die Sammlung vier 
verschiedene. Gespendet von Frau Wishofer, 
Mrschkosch und Frau Andorfer. 
Zwei hievon sind aus weißer Leinwand, 
zwei aus roter Seide. Sämtliche sind bedruckt 
und tragen dreie hievon das Bild des Christus 
kindes von Loretto nebst dem hlg. Josef und der 
hlg. Maria. Bei einer Haube ist die Jahreszahl 
1777 aufgedruckt. Diese Häubchen wurden den 
erkrankten Kindern aufgesetzt, um weiteren An 
fällen der Fraise vorzubeugen. Dabei wurden 
Gebete verrichtet. Das vierte der vorhandeneu 
Häubchen ist größer als die übrigen und auf sel 
bem fehlt auch das Christuskind. Es dürfte dies 
eine Sterbehaube sein, die ebenfalls im Gebrauche 
standen, um den Todeskampf zu erleichtern. (Fran 
Marianne Kautsch-Steyr.) 
In derselben Abhandlung erfahren wir 
Näheres über kleine Nachbildungen des Hemdchens 
Predigttted 
am Bitt- und hl. Dreifaltigkeits-Sonntag. 
In Gott des Vaters und des Sohnes 
Und seines Geistes Namen 
Sprecht hier am Fuße seines Thrones, 
Ihr Ehristen, freudig Amen! 
Sprecht Amen und bereitet Euch 
Nach seinen weisen Lehren, 
Den Vater in dem Himmelreich 
Mit Bitten zn verehren. 
O, unser Vater, der Du bist 
Im Himmel und auf Erden! 
Dein Name, der so liebvoll ist, 
Soll stets geheiligt werden. 
Dein Reich, vom Anbeginn der Welt 
Bereitet allen Frommen, 
Das laß, wenn dieser Leib zerfällt. 
Uns einstens auch zukommen. 
So wie auch jeden Wink von Dir 
Die Himmelsgeister sehen, 
So soll auch unter Menschen hier 
Dein Wille stets geschehen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.