Volltext: Der Sammler 3. Jahrg. 1907 (1907)

2 — 
reichungsprotokolle und Index, 1769 bis 1779 
Kapitalbuch, 1805 bis 1808 Chronologischer Aus 
zug aller Verordnungen und Zirkulare. 
Aktenbunde betreffend den Verkauf des lan- 
desfürstlichen Schloßgebändes und Schloßzwingers 
im k. k. Pflegschlosse Schärding und die Verpach 
tung des Spitalfischwassers und Fischerhäusels auf 
der Pram. 
Außer dieser reichlichen Anzahl von wohl 
erhaltenen Ausschreibungen fanden die dem Stadt 
museum gespendeten Bücher, deren Zahl weit über 
200 beträgt, ebenfalls Platz In seinem wesent 
lichen Teile ist das Stadtarchiv als ein abge 
schlossenes ganzes zu betrachten. Wenn selbes 
auch noch einen Wandschmuck rc. aufzuweisen 
haben wird, wird sich selbes als ein zum Smdt- 
museum wohlgehöriger, schöner Raum freundlich 
darstellen. 
Beliebte Sytttpatbietnittel aus aller Zeit. 
Aus der großen Anzahl von Mitteln, die 
noch bis in die Mitte des vergangenen Jahrhun 
derts gangbar waren, aus deren vielgestaltiger 
Liste man sich für jedes Gebrechen ein oder meh 
rere Anbrauchnngen auserwählen konnte, interes 
sieren uns besonders jene, welche zum Inventar 
der altbürgerlichen Kinderstuben gehörten. Es er 
füllt uns ein geheimnisvolles Etwas, wenn wir 
uns vorstellen, wie unsere Großmutter und Ahnen 
sich gewappnet haben, nm einem schlimmen Feind 
der Kinder, den „Fraisen", zu begegnen, und wie 
sie alles Mögliche versuch en, um ihre Lieblinge 
vor den bösen Folgen des „Verschreiens" zu be 
hüten. 
Prosit Schaltung! 
Nachstehendes Gedicht ist ein Gruß des ober öster 
reichischen Volksdichters Hochwürden Herrn 
Dechant Norbert Hanrieder, Pfarrers in 
Putzleinsdorf. 1899 dem Stadtmuseum übergeben 
von Herrn kaiserl Rat Ludwig P f l i e g l. 
Ein Städtchen ist zu schauen 
Am schönen, grünen Inn, 
Bekannt durch seine Frauen 
Und seinen Bürgersinn. 
Hier wird aus holden Mädchen 
Echt deutscher Frauen Art, 
Hier wachsen noch die Gretchen 
Wie Tannen, schlank und zart. 
Die Männer sind wie Eichen 
So stramm und kerngesund, 
Du findest ihres Gleichen 
Nur schwer im weiten Rund. 
In hundertfachen Stürmen, 
Die diese Stadt umtobt 
Erweisen sie gleich Türmen 
Sich stark und viel erprobt. 
Was alles unter Fraisen verstanden wurde, 
darüber gibt Professor Fossel (Volksmedizin P. 71) 
Ausschluß. 
Es gab eine stille, schreiende, fallende, laute, 
rote, reißende, krampfige, zitternde und .wütende 
„Frais", Kopf-, Zahn-, Darm-, Mutter- und 
Wurmfraisen. Und gegen all diese Arten und Ab 
arten gab es zahlreiche, ja mitunter raffiniert er 
sonnene Mittel zur Abwendung. 
Warum wir uns diesem interessanten oft 
und viel beschriebenen Thema zuwenden ? Gehören 
diese Betrachtungen doch ausschließlich auf das 
Gebiet der Volkskunde in weitestem Maße? Die 
Frage ist leicht beantwortet: Unser Museum birgt 
einen kleinen Schatz v^n solchen Dingen, Gegen 
stände, die sich der uneingeweihte Beschauer über 
haupt nicht erklären kann, selbe gleichgültig über 
geht, obwohl sie kulturhistorisch einen Platz ein 
nehmen, der immer höher im Werte steigt. 
Der weitere Umstand, daß diese Abteilung 
im städtischen Museum sicherer Provenienz ist, das 
heißt, daß die einzelnen Schutzmittel gegen die ge 
fürchtete Krankheit ausschließlich von Schärding 
und nächster Umgebung sind, gibt wohl Veranlas 
sung, diesen seltenen, rätselhaften Dingen die ge 
bührende Aufmerksamkeit zu schenken. 
Unsere Mütter hätten der Ueberlieferung 
nach schon noch Auskunft geben können, über 
Zweck und Verwendung in den einzelnen Fällen, 
erinnern sich doch jüngere Leute, daß Derartiges 
wohl behütet in den Familien aufbewahrt war, 
wohl zur Erinnerung daran, wie die Voreltern 
bedacht waren, ihren Kleinen Schutz gegen alle 
Krankheiten angedeiheu zu lassen, in guter Mei 
nung und erfüllt von krankhaftem Aberglauben. 
Heute sind diese Dinge fremd geworden. Die 
Sie schwankten nicht als Fehden 
Durchs deutsche Land gebraust, 
Sie standen fest als Schweden 
Im Vätergau gehaust. 
Und auch die Macht der Franken 
Bestand ihr Mannesmut; 
Es gab nicht Furcht noch Wanken, 
Trotz Opfer, Brand und Blut. 
Bon links und rechts umstritten 
Und dutzendmal zerstört 
Hat diese Stadt gelitten, 
Wie kaum es man erhört. 
Die Wälle sind zerfallen. 
Verschwunden manches Tor, 
Doch Schärdings Bürger wallen 
Noch aufrecht wie zuvor. 
Gewalt und List umstrickten 
Dies edle Beutestück, 
Für lange Zeit erstickten 
Sie Wohlstand, Macht und Glück. 
Selbst friedlichen Epochen 
Erblühte kein Gewinn,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.