Volltext: Der Sammler 3. Jahrg. 1907 (1907)

durchaus uoch nicht charakteristisch, sondern 
finden sich wahrscheinlich so oder ähnlich auch 
sonst im Lande. 
Was soll daher das Anstopfen eigener 
Bauern-, Zunft- und Bürgerstuben mit Hausrat, 
der zum größten Teile gar nichts Besonderes 
ausweist, zum Teil vielleicht auch weiß Gott 
auf welchem Wege in das Städtchen gekommen 
ist? Es mag ja einem eifrigen Lokalpatrioten, 
der Riehls „Zunftstube" gelesen hat, die Ver 
suchung kommen, die alten Jnnungsladen und 
Meisterbücher zu vereinigen, aber etwas Erheb 
liches ist damit kaum gewonnen. Jede deutsche 
Stadt besitzt sie. 
Die Einrichtung eigener Räume für 
Spezialzweige bis zur obligaten gotischen Kapelle 
ist demnach bei kleineren Museen nicht empfehlens 
wert, auch deshalb nicht, weil mit einer der 
artigen Ausdehnung die Raumfrage, Instand 
haltung und Ueberwachung immer schwieriger 
und kostspieliger wird, eine Begleiterscheinung, 
die bei einer kleineren Kommune wohl auch ins 
Gewicht fällt. Und schließlich bleibt das alles 
doch nur unzulängliches Stückwerk, vom Zufall 
zusammengewürfelt. 
Was soll man aber dann tun, wenn die 
Leute diese Sachen in der besten Absicht bringen? 
Auf diese Frage ist zu antworten, daß ein 
freundlich belehrendes Wort in den meisten 
Fällen genügen wird, den Besitzer zur Abgabe 
des Stückes an das Landesmuseum zu bewegen, 
wo es in einem größeren Zusammenhange weit 
eher zur Geltung kommen kann, als in der 
Isolierung eines Lokalmuseums. Derartige ohne 
entsprechendes Milieu aufgestellte Gegenstände 
vermögen auch ein größeres Publikum nicht 
zu belehren. Aus diesem Grunde kann ich mich 
nicht dafür erwärmen, wenn kirchliche Objekte 
ohne jeden Kunstwert nur deshalb untergebracht 
werden, weil sie etwa aus einer alten, abge 
brochenen Kapelle des betreffenden Ortes stammen, 
aber auch nicht dafür, daß Gegenstände, die mit 
dem Orte gar nichts zu tun haben, als daß 
sie dahin gewidmet worden sind, in das Museum 
Aufnahme finden, eben weil sie Kunstwerke sind. 
In beiden Fällen überschreitet meines Erachtens 
ein Lokalmuseum die Genzen seiner Aufgaben. 
So sehr man es also beispielsweise loben 
wird, wenn die Bürgermeister und Pfarrherren 
in je einer Reihe von dell Wänden herunter 
grüßen und etwa auch noch ihre Unterschriften 
aufbewahrt werden, so wenig wird man es ver 
ständig finden, überhaupt alte Bilder aus ein 
heimischen Besitz aufspeichern zu wollen, gleich 
gültig, ob der Dargestellte eine Persönlichkeit 
aus Redl-Zipf oder Pabneukirchen ist. 
Derartige Dinge gehören in größere 
Museen mit umfassenderen Aufgaben. 
Was erwarten wir, um ein konkretes 
Beispiel anzuführen in einem Stadtmuseum, wie 
das in Schärding? Statten ivir ihm 
einen Besuch ab. 
In einem alten Stadtturm, der in fein 
fühlender Weise als das richtige Milieu für 
solche Dinge zur Beherbergung der Sammlungen 
auserwählt wurde, sind verschiedene Zimmer, 
eben groß genug, mit Geschmack und Verständnis 
diesem Zwecke angepaßt worden. 
Schärding erinnert uns immer an den 
gefeierten Barden M. D e n i sch, den größten 
Schüler Klopstocks und an den unermüdlichen 
I. Lamprech tch, der Oberösterreich als 
Topograph wie kein zweiter gekannt hat. 
Diesen hervorragenden Männern ist den 
auch ein stimmungsvoller Raum gewidmet. 
An den Wänden hängen verschiedene Bildnisse, 
die uns des Dichters Züge lebhaft vergegen 
wärtigen, in einer Vitrine liegen außer kleineren 
Erinnerungen Sineds Werke in mannigfachen 
Ausgaben, die zum Teil auch typographisch 
eine höchst charakteristische Ausweisung ausweisen. 
Man möchte fast wünschen, daß nur das älteste 
und das hübscheste Exemplar ausgelegt worden 
wäre, die anderen Bände und Bändchen aber 
zusannnen etwa in einem stilgemäßen Wand 
schranke stünden. 
Lamprecht war groß als Zeichner, als 
Kartograph. 
Dankenswerte Emsigkeit hat nun hier ver 
einigt, was von seinen Schöpfungen noch erreich 
bar war: Die überaus minutiösen Originale 
zu seinen Diözesankarten, die heute zum Teil 
! schon wieder ein halbes Jahrhundert alten und 
daher wertvollen Umgebungskarten und Pläne 
der von ihn, monographisch behandelten Orte, 
seine interessanten, nicht veröffentlichten Burg 
stallzeichnungen und nicht zuletzt seine herrlichen 
Bilder von einzelnen Gotteshäusern, so vor 
allem die elegante, einer reichen Phantasie ent 
sprungene Repristination des Stiftes St. Florian. 
Selbstverständlich finden sich hier auch die 
gedruckten Bücher Lamprechts und von seiner 
großen Matrikel eine photographische Repro 
duktion. So ist denn hier das Lebenswerk eines 
rastlosen und für die Geschichte des Landes be 
deutenden Mannes im Museum jener Stadt 
beisammen, die in stolz und freudig zu ihren 
besten Söhnen zählt. 
Fast scheint es einem innerlich beteiligten 
Besucher, als läge in dem milden Antlitz dieses 
Forschers, wie er so lebensvoll aus dem Rahmen 
des Porträts auf die Sammlung herunterblickt, 
ein Zug der Befriedigung darüber daß all sein 
Mühen nicht umsonst war, daß pietätvolle Hände 
nicht nur die Ruhestatt seines Leibes in Ehren 
halten, sondern auch die seines Geistes. — Für- 
1) P. v. Hofinan-Wellenhof, Mich. Denis. 
Ein Beitrag zur deutsch-österr. Literaturgeschichte des 
18. Jahrh. Innsbruck 1881. 
2) F. Berger. Jur Biographie Ioh. Ev. Lam- 
prechts. Im „Archiv f. d. Geschichte der Diözese Linz", 
I.^Iahrg. (1904.) Auch separat in „2. Aufl. erschienen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.