Volltext: Der Sammler 3. Jahrg. 1907 (1907)

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getiten Kirchenstühlen kleine Plättchen an, die 
meistens den Ruf- und Schreibnamen des Haus 
besitzers oder dessen Frau tragen. Doch im 
form- und farbenliebenden 18. Jahrhundert blieb 
es nicht bei der Einzeichnung der Namen, sondern 
man schmückte diese Schildchen sehr hübsch aus. 
Derartige Plättchen, welche häufig aus Kupfer ge 
arbeitetsind, haben hübsche Randverzierung, meistens 
Barock und überdies figurale Darstellungen. Auf 
mancher befinden sich Darstellungen Heiliger, 
meistens deren, welchen die Kirche geweiht ist, ent 
weder in Kupfer getrieben oder in die Randver 
zierung gemalt. Auch Darstellungen von anderen 
Dingen, z. B. einer Sense, eines Pfluges u. d. m. 
finden sich auf solchen Plättchen. 
Bei der Besichtigung der Sehenswürdig 
keiten einer Kirche gehen die Beschauer an .diesen 
Sachen sehr oft achtlos vorüber, indem sie die Be 
deutung so unscheinbarer Dinge für die Geschichte 
des Handwerkes vollkommen verkennen. Diese 
Schildchen, welche vor hundert oder noch mehr 
Jahren, also zu einer Zeit gefertigt wurden, wo 
man am Lande noch keine Fabrik und deren 
Erzeugnisse kannte, stammen von Handwerkern 
desselben oder eines benachbarten Ortes. Ihre 
Ausführung legt Zeugnis für die Originalität 
und den Kunstsinn des betreffenden Handwerkers 
ab, sowie für^die Zeit, in welcher er lebte. Da 
größere Handwerksstücke aus früherer Zeit meist 
schon von ihren Besitzern verkauft wurden oder 
auf andere Weise der Beurteilung entzogen wur 
den, so sind solche kleine Sachen wie unsere 
Schildchen die Hauptanhaltspunkte für die Beur 
teilung der früheren Handwerkerarbeit. 
Leider sind viele dieser alten Schildchen in- 
folge.Auflassung des Platzes oder aus anderen 
Gründen nicht mehr vorhanden und es finden sich 
in den Kirchen nur noch hie und da originelle 
Stücke. Diesej.Slücke zu erhalten, oder wenn sie 
umgewechselt werden sollen, an eine Institution zu 
bringen, die dafür bürgt, daß sie nicht verworfen 
werden, möge das Bestreben jedes sein, der der 
Geschichte unseres Handwerkes Interesse entgegen 
bringt. 
Es ist auch sehr interessant, eine Kollektiv 
ausstellung solcher Schildchen zu sehen, da sich in 
diesen Stücken unverkennbar Zeit und Kunstauf 
fassung der Landhandwerker ausdrücken. Vielleicht 
ist es dem hiesigen Musealverein einmal möglich, 
eine solche Kollektivausstellung zusammen zu 
bringen. ' G. K. 
Die unterirdischen stöhlen in INiinr- 
kirchen und Mpach. zwei Schulbeispiele 
(1. Fortsetzung.) 
Um nun der Frage: „A u s welcher 
Zeit stammen diese Höhlen?" näher 
treten zu können, muß der Verbreitung 
der Höhlen Erwähnung getan werden. Solche 
finden sich in B a y e r n, O e st e r r e i ch ob 
und unter der Enns, Mähren und 
Ungarn bis oberhalb der Waag. 
Aus den ziemlich ähnlichen, mit einer ge 
wissen Regelmäßigkeit in jeder Höhle wieder 
kehrenden Anlage ist der Schluß wohl berechtigt, 
daß die Höhlen in einer Zeit angelegt wurden, 
in welcher diese 4 Landstriche (außer den ange 
führten Ländern sind nirgends solche Höhlen be 
kannt) ein einheitliches Volk bewohnte. 
Dieses einheitliche Volk kann nur zur Zeit der 
Völkerwanderung (oder noch früher) hier ansässig 
gewesen sein, da ja im späteren Mittelalter der 
Partikularismus vorherrschte. In den Urkunden 
des Mittelalters finden sich auch nirgends Erwäh 
nung von solchen Höhlen, weder von Neuanlagen 
nach von Aufdeckungen. Die bei den Kirchen be 
findlichen Gänge sind keine Erdställe, sondern 
große geräumige Fluchtgänge. Manche Stellen 
des römischen Geschichtsschreibers der Germanen 
T a c i t u s (z. B. „Sie pflegen auch unterirdische 
Höhlen auszugraben, die sie oben dicht mit Dünger 
belegen, als Zuflucht im Winter, zum Behältnisse 
der Früchte"), deuten darauf hin, daß den Römern 
die Anlage von unterirdischen Höhlen von Seite 
der Germanen bekannt war. Garadezu als 
Schulbeispiel für die Behauptung, daß die Höhlen 
älter sind, als die ober diesen befindlichen Häuser 
und daß der Eingang nicht vom Keller des 
Hauses, sondern ursprünglich von einer anderen 
Seite ging, möge die Höhle in Münzkirchen 
beim „Bauer am H o f e" dienen. 
Münzkirchen, ein Ort ungefähr 3 Wegstun 
den von Schärding entfernt, besitzt bekannte künst 
liche Höhlen: 1. Unter dem Hause des Gastwirtes 
Herrn Wösner; 2. Unter dem Hause des 
Herrn Weber, welche nicht mehr schliefbar ist, 
da sie durch den Brunnen untermauert wurde; 
3. Beim Kinderbewahranstaltsbau wurde durch 
einen Strebepfeiler eine Höhle aufgedeckt und zu 
gleich auch zugemauert; 4. Nach dem Ausspruche 
Karner's eine der „interessantesten bestehenden 
Höhlen", befindet sich beim „Bauer am Hof", 
eine halbe Gehstunde von Münzkirchen entfernt. 
Ein genauer Plan kann von dieser Höhle derzeit 
nicht veröffentlicht werden, da anfangs April 
dieses Jahres durch die große Schneeschmelze 
Wasser bis zum ersten abwärts führenden Schluss 
eindrang und hiedurch die Aufnahme des Planes 
unmöglich gemacht wurde. 
Diese Höhle wurde bereits im Winter ver 
gangenen Jahres besucht und dortmals schliefbar 
angetroffen, weshalb der Querschnilt und eine un 
gefähre Beschreibung dieser Höhle im folgenden 
wiedergegeben werden kann (s. Seite 4). 
Diese Höhle hat ihren jetzigen Eingang vom 
Keller des Hauses aus. Nach einem sehr engen 
und schwer passierbaren Gange kommt man in
	        
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