Volltext: Polizei-Humoresken [35/36]

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Folglich muß ich mir die Leute ansehen, die dort verkehren, muß 
gegebenenfalls diese Leute selbst fragen, um so dahinter zu 
kommen. Er war ganz entzückt über seine kriminalistische 
Schlußfolgerung, zahlte sein Viertel Wein und ging wieder 
zurück in den Greislerladen, dessen Eigentümer über die 
Wiederholung des polizeilichen Besuches aber gar nicht so 
besonders entzückt zu sein schien. „Was wollen S' denn schon 
wieder?“ fragte er den Polizeiagenten unliebenswürdig. 
Schützner entwickelte seine Idee. „Mir kann's recht sein, wenn 
Sie so viel Zeit haben!“ erwiderte der Greisler 
Polizeiagent Schützner entschloß sich, zu warten, und um 
das Fünfkronenstück rasch bei der Hand zu haben, wenn sich ein 
Agnoszierungszeuge finden würde, wollte er das Falsum aus 
seiner Geldbörse hervorholen. Er suchte darin, suchte immer 
aufgeregter, drehte alle Fächer der schon ziemlich verschlissenen 
Geldbörse um. Es kamen allerhand Geldstücke, einige Lotterie— 
skonti, ein Zettel aus der Wäscheputzerei, aber nicht das Fünf— 
kronenstück zum Vorschein. „Ich hab's doch eing'steckt, um 
Gottes willen!“ ließ er sich vernehmen. Eingesteckt hatte er es 
wohl, aber trotzdem konnte er es nicht mehr finden. Nach an⸗ 
gestrengtem Denken kam er schließlich zu der Ueberzeugung, 
daß er das Geldstück nur verloren oder verausgabt haben 
könnte. Da das erstere ihm nicht gut möglich schien, konnte nur 
die zweite Möglichkeit in Betracht kommen, und da er sonst 
nirgends anders gewesen war als im Gasthause, konnte es eben 
nur dort geschehen sein. Er mußte demnach in die Wirtsstube 
zurück, um wieder das Fünfkronenstück zu bekommen, das 
Falsifikat, das er in leichtfertiger Weise selbst verausgabt hatte, 
statt nach dem früheren Verausgaber zu forschen. „Ja, mein 
lieber Herr, da kann ich Ihnen nicht helfen!“ antwortete ihm 
der Kellner, als er diesem den Sachverhalt erzählt hatte. „Da ist 
nämlich unser Bäck' gekommen, dem hab' ich gezahlt, und bei 
dem Geld war auch das Fünfkronenstück darunter!“ Nachdem 
sich Agent Schützner in fliegender Hast erkundigt hatte, wer der 
Brot- und Semmellieferant sei und wo er diesen finden könne, 
eilte er dem Gebäckausträger nach, um das gefälschte Geldstück 
wieder zu erlangen. Aber auch hier kam er zu spät. Unter dem 
Gelde fand sich das Fünfkronenstück nicht mehr vor, und der 
Bäckerlehrling exinnerte sich schließlich daß er unterwegs 
Zigareétten gekauft und dort mit einem Fünfkronenstück bezahlt 
hatte. Er mußte nun den Polizeiagenten in die Tabaktrafik be— 
gleiten. Die Verkäuferin war sehr erstaunt, als Schützner von 
ihr die Vorweisung ihres gesamten Kleingeldes verlangte, in 
dessen Menge er dann nach seinem Falsifikat suchte. J 
Er suchte zweimal, auch noch ein drittesmal, aber er fand 
nichts, denn die Verschleißerin hatte, wie sie sich jetzt erinnerte,
	        
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