Full text: Polizei-Humoresken [35/36]

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Die Frau Kommissür. 
Nein, so weit hat es die Frauenbewegung noch nicht 
gebracht, daß wir bei der Wiener Polizei auch schon Frauen 
als Kommissäre angestellt hätten. Weibliche Hilfsorgane als 
Kanzleikräfte gibt es wohl schon seit einer Reihe von Jahren, 
auch weibliche Beamte, die sich bei der polizeilichen Jugend— 
fürsorge sehr bewähren, aber noch keine „Kommissärin“, wenn 
das Wort gestattet ist. Nur eine Frau Kommissär hat es 
einmal gegeben, das war nämlich die Gattin eines Kommissärs, 
welche aber nicht deshalb als Frau Kommissär bezeichnet 
wurde, weil der ihr gesetzlich angetraute Gatte diesen Rang 
bei der Wiener Polizei bekleidete, sondern weil sie sein leib— 
haftiger Schatten war, der ihn überallhin begleitete, der ihn 
gar nie verließ, und diese ständige Kontrolle, der er sich nicht 
entziehen konnte, war auch die Ursache, weshalb der Beamte 
X hatte vorzeitig aus dem aktiven Dienste scheiden 
müssen. 
Dieser Mann seiner Frau war der Doktor Simandl. 
Schon in ganz jungen Jahren, noch bevor er eigentlich von des 
Lebens Genüssen gekostet, hatte er eine Liebesheirat geschlossen, 
welcher Liebe es gar kbeinen Abbruch tat, daß die junge Frau 
in die Ehe auch ein hübsches Sümmchen mitbrachte, dessen 
Zinsenertrag dem Ehepaar ein auskömmliches Dasein sicherte. 
Er liebte seine Frau noch immer, wenn er auch nicht nur hie 
und da, sondern ziemlich häufig Seitensprünge machte, von 
denen aber seine eifersüchtig veranlagte Gattin nichts erfahren 
durfte; es waren größere und kleinere Extratouren, bei denen 
er die schöne Freiheit des Junggesellentums genießen wollte, 
dessen lustige Leichtlebigkeit er eigentlich infolge seiner früh— 
zeitigen Eheschließung bis dahin gar nie kannte. Sein Polizisten- 
beruf war wie dazu geschaffen, ihn Ausreden immer leicht finden 
zu hassen, wenn er eine nächtliche Schwärmerei, irgendein 
Abenteuer, eine Bakkarat- oder Pokerpartie vorhatte, von 
welchen außerehelichen Vergnügungen seine Gattin nichts 
ahnen und nichts wissen durfte. Fand sie bei ihm irgendeinen 
weiblichen Namen mit einer Adresse, welche er unachtsamerweise 
in sein Notizbuch eingetragen hatte, so war er sofort mit der 
Ausrede bei der Hand, daß dies irgendeine Partei sei, die er 
vorladen, oder eine Betrügerin, die er ausforschen oder ver—⸗ 
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