Volltext: Das Weltkriegsende

Die dritte deutsche Offensive 
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wonnenen Stellungen nicht stehen bleiben, wenn man nicht sämtliche 
bisher erzielten Erfolge preisgeben und die Offensive als gescheitert 
erklären wollte. Hieraus ergab sich der Zwang zu weiterem Vor¬ 
gehen. Auch war wiederum die Frontlinie im Angriffsgelände durch 
ihre Ausbauchung nach vorwärts angewachsen, auf der Strecke zwi¬ 
schen Reims und Royon von 100 auf 150 Ion. Es war ein schmaler 
tiefer Sack, eine auf die Dauer unmögliche Stellung entstanden. 
Groß war indes die moralische Wirkung der in solcher Nähe von 
Paris unternommenen Offensive auf die Franzosen und Engländer. 
In der Kammer wurde der Ministerpräsident Clemenceau interpel¬ 
liert. Seine berühmte Antwort vom 4. Juni 1918 lautete: „Wir 
werden den Sieg davontragen, wenn die öffentlichen Gewalten auf 
der Höhe ihrer Aufgaben stehen. Ich schlage mich vor Paris, ich 
schlage mich in Paris, ich werde mich hinter Paris fchlagenl" 
Die deutsche O.H.L. beschloß die Fortsetzung des Angriffs. Die¬ 
ser sollte Mitte Juli beiderseits Reims erfolgen. Glückte er, so 
konnten dadurch vielleicht auch die rückwärtigen Verbindungen der 
7. Armee zwischen Aisne und Marne verbessert werden. Aus die¬ 
sem Vorgehen heraus beabsichtigte Ludendorff, die Artillerie-, Mi¬ 
nenwerfer- und Fliegerformationen an die Flandernfront zu wer¬ 
fen, um dann hier, wenn möglich, vierzehn Tage später den Angriff 
zu beginnen. „Es bestand die Hoffnung auf entscheidende Schwä¬ 
chung des Feindes in Flandern, wenn der Schlag bei Reims gelang." 
(Ludendorff, Meine Kriegserinnerungen. S. 515.) 
Ehe es zu diesem vierten Akte der großen Angriffsschlachten in 
Frankreich kam, hatte der als Entlastung für die deutsche Westfront 
gedachte österreichische Angriff in Italien an der Brenta und der 
Piave, der am 15. Juni begann und völlig scheiterte, die Lage der 
Mittelmächte noch verschlechtert. Inzwischen hatten Versuche ein¬ 
gesetzt, die Mittel der Politik stärker als bisher zur Geltung zu 
bringen. 
Die Friedensoffensive des Obersten v. Haeften und die Entlassung 
des Staatssekretärs v. Kühlmann. 
Rach dem Abschluß der drei großen Offensiven, und noch wäh¬ 
rend die dritte Offensive zwischen Soissons und Reims nicht völlig 
abgeschlossen war, wendete sich Kronprinz Rupprecht von Bayern, 
über die allgemeine Lage besorgt und in dieser Auffassung durch den 
Besuch seines Vaters im Großen Hauptquartier am 13. Mai noch 
bestärkt, am 1. Juni an den Reichskanzler Grafen Hertling. Seine 
Darlegungen sind für das uns interessierende Problem zu wichtig, 
als daß sie hier fehlen dürften.
	        
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