Volltext: Der Jugendrotkreuz-Kurs in St. Martin

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Ministerialrat Dr. Gaulhofer sprach über „Körperliche Erziehung und 
Jugendrotkreuz". 
Ich habe die Ausgabe, über die Bedeutung des IRK für die körperliche Erziehung 
zu sprechen. Das heißt wohl zunächst, über den Anteil an der körperlichen Erziehung, 
den die Schule haben kann. Denn darüber müssen wir uns klar sein, daß die Schule nur 
einen bescheidenen Teil einer solchen Erziehung überhaupt leisten kann. Es ist ja immer 
noch die Meinung verbreitet — auch in Schul- und Elternkreisen —, daß die Schule 
das Um und Ans jeder Erziehung (geistiger, sittlicher, körperlicher usw.) zu leisten habe. 
Aber es erziehen das Leben, die ganze Umwelt, die Gemeinschaft vom allerersten Tage 
an. Und die Erziehung dauert, solange man lebt, vom ersten bis zum letzten Tag. Die 
Meinung ist irrig, daß nur das Kind erzogen werde, der Erwachsene aber nicht. 
Die Schule hat immer eine Erziehungsfunktion, und zwar nicht nur gegenüber 
dem Kind, sondern auch durch das Kind gegenüber Eltern, Öffentlichkeit, Volk, Staat usw. 
Es gehen also Wirkungen von der Schule hinaus, und von draußen in die Schule. Wir 
wissen, daß das Kind nicht als unbeschriebenes Blatt, vor allem in körperlicher Hinsicht, 
in die Schule kommt. Sehr bequem war es für den Lehrer, solange man der Schule nur 
eine Unterrichtsfunktion zugebilligt hat. Heute betont man, daß man zur Erziehungs 
schule kommen müsse, aber kein vernünftiger Mensch glaubt, daß deswegen die Unterrichts 
aufgabe der Schule kleiner geworden sei. Sie ist nur anders geworden. Wir wollen nicht 
nnr durch den Verstand oder durch das Einlernen von gewissen Dingen auf das Kind 
einwirken. Das Leben kann nicht vom Verstand aus gepackt werden. Es ist vielleicht eine 
der wichtigsten Erkenntnisse unserer Zeit, daß wir das Vitale im Menschen mehr als 
früher achten. 
Die Erziehung zur Sittlichkeit hat man sich früher vor allem durch Einprägen 
von Sittlichkeitsgrundsätzen vorgestellt. Das gehört dazu, aber es ist nicht der Anfang. 
Der Anfang ist immer Ausübung und Gewöhnung. Genau so ist es selbstverständlich in 
allen gesundheitlichen Dingen. Gesundheitliche Belehrung leistet nicht alles. Sie ist wir 
kungslos, wenn sie nicht auf der Grundlage einer gesundheitlichen Gewöhnung fußt. 
Hier ist wirklich alles nur die Tat. Und die Stufen, die bei uns jetzt allgemein in 
Pädagogischen Dingen gelten, daß man von der Gewöhnung und Erarbeitung ausgehen 
muß und daß die Belehrung erst in den letzten Stufen überwiegt, daß also die geistige 
Zusammenfassung das Letzte und die Gewöhnung das Erste sein muß, das gilt im aller 
höchsten Ausmaß in allen körpererziehlichen Dingen. 
Wenn nun das IRK auch in diesen körpererziehlichen Dingen rein praktisch den 
„Kampf um die Gesundheit" führt, so wissen wir wohl, daß diese eine 
Methode nur ein Ausschnitt ist aus den Methoden der Gesundheitserziehung, die man 
in Amerika schon seit langer Zeit anwendet. Es war mir immer die überraschendste 
Erkenntnis, wie außerordentlich praktisch gerade der Amerikaner die Gesundheitsfragen 
angreift. Nehmen wir nur ein Beispiel: die Ernährungsfrage. Menschen der verschie 
densten Rassen und aus den verschiedensten sozialen Verhältnissen wanderten ein. Sie 
kamen in ganz neue Verhältnisse, in einen ganz andern Arbeitsrhythmus, z. B. der ita 
lienische Arbeiter mit seiner ganz bestimmten Art der Ernährung und des Wohnens. 
Es gibt in Amerika Fabriken, die Nationalgerichte in Konservenbüchsen erzeugen. Nun 
sind aus dieser Ernährung Schäden erwachsen. Die Amerikaner haben praktisch mit einer 
Propaganda für richtige Ernährung eingesetzt. Sie haben nicht nur für richtige Ernäh 
rung durch Reklame geworben (denken Sie an den Vitamin-Rummel!), sondern sie haben 
vor allem auch in den Schulen bei den Kindern geworben. Sie haben Milch oder Obst 
zum Schulfrühstück eingeführt, statt der ungeheuren Zuckerlverschwendung; sie haben so
	        
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