Volltext: Der Zucker im Kriege [Heft 12/13]

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und 'Brennerei stieg. Die Beschränkung der Haferverfütterung ließ 
für die Pserdefütterung auf Zucker und zuckerhaltige Futtermittel 
stark zurückgreifen. Auch für menschliche Nahrung wurde ein ver 
stärkter Zuckerverbrauch im Interesse der Industrie und zur 
Streckung anderer Nahrungsmittel vielfach empfohlen und tatsächlich 
erreicht. Dementsprechend zogen die Preise an. Sie schnellten von 
Januar 1915 ab sprunghaft in die Höhe und erreichten im Februar 
einen Stand von mehr als 2 Mark über dem Preise des sperrfreien 
Zuckers. Der Zuckerabfluß nahm rasch solchen Umfang an, daß 
die Regierung schon Mitte Februar eingreifen mußte, um den Zucker 
für menschliche Ernährung zu sichern. Auch von den landwirtschaft 
lichen Brennereien, denen durch Regierungsverordnung gestattet 
wurde, Rüben und Rübensäfte sowie Zucker ohne Änderung ihrer 
Brennereiklasse zu verarbeiten, ist eine nicht unbeträchtliche Menge 
Zucker verbraucht worden. Dazu kam in immer größerem Umfange 
und für immer weitere Zwecke die starke Versütterung der Rüben, 
infolge des Mangels an anderen Futterstoffen, und schließlich der 
jenige gewaltige Aufschwung des einheimischen Verbrauchs, der sich 
aus dem gesteigerten Verlangen nach Brotaufstrichmitteln aus 
Zucker, als Ersatz des teuer und selten gewordenen Fettes, erklärte. 
Das wurde auch durch eine regierungsseitig unterstützte Propaganda 
in den Eisenbahnwagen usw. gefördert, die auf den Zuckerverbrauch 
als Ersatz für andere Kohlehydrate hinwies. 
Der Hauptgrund des jetzigen Zuckermangels 
liegt aber trotz dieses Zusammentreffens verbrauchssteigernder Um 
stände nicht darin, sondern in der starken Einschränkung des Rüben 
baues. Schon im Herbst 1914 erhob sich eia heftiger Meinungs 
streit über die Frage) ob es nicht angezeigt wäre, für das Jahr 1915 
weniger Rüben und dafür mehr Getreide anzubauen. Hierbei wurde 
ganz außer acht gelassen, daß die in Deutschland mit Zuckerrüben 
angebaute Fläche nur ungefähr 2 bis 3 Hundertteile der gesamten 
landwirtschaftlich genutzten Bodenfläche ausmacht, sodaß die durch 
die Anbaueinschränkung gewonnene Fläche für die Ausdehnung des 
Getreideanbaues recht wenig in Betracht kommen konnte und kann. 
Die Stimmen, welche die Einschränkung des Zuckerrübenbaues für 
eine vaterländische Pflicht erklärten, fanden anfänglich weitgehende 
Billigung. Zwar wurde eine Einschränkung durch Zwang nicht 
eingeführt, jedoch durch Verordnung vom 4. März 1915 die Ver- 
tragspslicht zum vollen Rübenbau für die zwischen Fabriken und 
Landwirten bestehenden Pflichtrüben-Anbauverträge um ein Viertel 
herabgemindert. Schon vorher hatte das Landwirtschaftsministerium 
in einem Erlaß zur Einschränkung des Rübenbaues zugunsten der
	        
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