Volltext: Der Zucker im Kriege [Heft 12/13]

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erheblich unter Herstcllungswert verkäuflichem Zucker muß, wenn 
seitens der Regierung keine Hilfeleistung erfolgt, für Industrie und 
Handel zu einer Krisis führen. England hat seinen vorläufigen 
Bedarf in' Kuba und hauptsächlich in Java gedeckt und wird von 
Januar ab große Quanten neuen Kuba-Zuckers zur Verfügung 
haben, so daß es von den neutralen Ländern, hauptsächlich Holland, 
nur noch solchen Zucker hereinläßt, der von einer anülichcn Be 
scheinigung begleitet ist, daß der Zucker nicht aus deutscher oder 
österreichischer Rohware hergestellt ist. Ein Verkauf nach Amerika, 
der nur dann in Frage käme, wenn Amerika seine Bestände voll 
ständig aufgezehrt hätte, ist zwecklos, da der Verladung infolge des 
Krieges unüberwindliche technische Schwierigkeiten entgegenstehen. 
Holland, Italien, Dänemark, Schweden sind selbst Exportländer für 
Zucker." 
Für die Zuckerindustrie schien diese Lage tatsächlich gefährlich, 
denn sie besaß die großen alten Bestände und mußte für Unter 
bringung der bevorstehenden Ernte sorgen. Sie stand vor der Frage: 
Was soll aus der Ernte 1914 und aus dein Rübenanbau 1915 
werden? — Die Ausfuhr war plötzlich vernichtet, Schiffe, mit deren 
Beladung man halb fertig war, mußten wieder entladen werden. 
Die Käufer des Zuckers neuer Ernte hatten durch Aufhebung der 
Zeitbörse plötzlich und ohne es zu wollen eine ungeheure Gefahr auf 
ihre Schultern zu nehmen, gegen die jede Deckung und Versicherung 
unmöglich war. Was sollte aus diesen Käufern werden, wenn unter 
dem Druck der Bestände bei geschlossener Ausfuhr der Wertstand des 
Zuckers sich senkte? Der Untergang blühender, mühsam aufgebauter 
Geschäfte und Vermögen war unvermeidlich. Der Hamburger 
Handel litt am meisten darunter, mehr als der Magdeburger, der 
viel an Raffinerien abgibt. Deshalb ging zuerst von Hamburg eine 
Bewegung auf Aufhebung aller Zuckervorverkäufe aus. Die Sache 
wäre leicht zu machen gewesen, wenn nicht damit die berechtigten 
Interessen der Rohzuckerfabriken und der Weißzuckerverbraucher ge 
schädigt worden wären. Die ersteren hielten ihre Käufer fest und 
wollten in der schweren Zeit nicht auch noch die Sorge um den Zucker 
auf sich nehmen, den sie schon verkauft hatten. Die letzteren sowohl 
aus dem Handel als aus der Fertigindustrie (Marmeladen-, Schoko 
laden- und Keksfabriken) hatten sich zu einem bestimmten Preis den 
Bedarf gesichert, daraufhin zum Teil ihre Erzeugnisse weiterverkauft, 
so daß sie nicht aufs ungewisse hin auf ihre Rechte verzichten konnten. 
Um die Ausfuhr tobte ein heftiger Kampf der Meinungen. Die 
Vertreter der Zuckerindustrie stießen mit ihren Ausfuhrbestrebungen 
auf starken Widerstand und auf Mißtrauen, weil man sie als Ver-
	        
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