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Aus denr ehemaligen Heumagazin auf dem Anger ist wieder eine Kirche
geworden, in der nichts mehr an die frühere Entweihung erinnert. 1838 ging
man an ihre Renovierung. Zuerst wurde die hohe Umfassungsmauer des kleinen
Friedhofs teilweise abgebrochen und mit Steinplatten gedeckt, dann trug man
das hohe Dach ab und ersetzte es durch ein ziemlich flaches Blechdach; auch ent
fernte man die hölzerne, an den Seitenwänden weit vortretende Empore und
den alten Altar/) ließ die Kirche innen und außen gründlich erneuern und mit
Glasgemäldefenstern, Altären, Orgel, Bildern und Chorstühlen versehen. Groß
war die Freude des gläubigen Volkes, als 1862 am Mariä-Heimsuchungstage
der Prior Hermann Fuchs in diesem erneuerten Gotteshause zum erstenmale
wieder die heilige Messe las, während der es begeistert Marienlieder sang. Seither
dient das stimmungsvolle Kirchlein am Anger, dessen Verschönerung der jetzige
Abt durch Ausmalung vollendete und das er mit einem Glockentürmchen schmückte,
als Schulkirche für die Schlägler Schule, als Versammlungsort für den dritten
Orden, als Hauskapelle für die Barmherzigen Schwestern, als Kirche für die
Maiandachten, als Begräbnisstätte für die Aebte, als Stätte der Andacht für viele
stille Beter. Auf dem kleinen Friedhof aber, der sich um das Kirchlein zieht, ruhen
die Stiftsherren, seit die Benützung der Grüfte abgeschafft ist.
Im Stifte selbst finden wir den großen Hof vollständig geschlossen und alle
Trakte in gleicher Höhe. Das sehr flache Blechdach nimmt sich allerdings nicht
besonders schön aus. Dem niedrigen Brauhaustrakte hatte man eine Reihe
von Granitpfeilern vorgestellt, sie mit Gewölben überspannt und über dem Ganzen
das zweifache Obergeschoß errichtet, das im zweiten Stocke die sogenannte Winter
prälatur enthält. Anstoß zu diesen Bauten gab der letzte Stiftsbrand (3. Sep
tember 1880). Nach demselben wurde das Stift im großen und ganzen so her
gestellt, wie es sich jetzt zeigt. Auch der Turm erhielt damals seine jetzige Form;
für seine Bedachung wurde Kupfer gewählt, an der Laterne und den vier Auf
sätzen an den Ecken (Fackelvasen) kam auch Gold in Anwendung. Zu diesen Neu
bauten kamen eingehende Renovierungen des gesamten Stiftsbaues, die sich bis
1867 hinzogen und in den Händen des italienischen Maurermeisters August Riva-
Linz lagen. Zu neuerlichen Renovierungen gab die Sekundizfeier des Abtes
Dominik (1878) den Anlaß. Mit der Schließung der Lücke an der Ostseite begann
Abt Adolf durch den Bau des großen Bibliotheksaales (1830). Vollendet wurde
der Ausbau des Stiftes auf dieser Seite durch die Errichtung der neuen Bilder
galerie unter Abt Norbert (1898). Neugeschaffen wurde das Betzimmer (1886).
An Schönheit kann sich Schlägl freilich nicht messen mit den Prachtbauten
anderer Stifte, aber es entspricht den praktischen Bedürfnissen vollständig. Die
Naumeinteilung (viele, aber kleine Räume) nimmt Rücksicht auf das rauhe Klima
und ermöglicht eine leichte Beheizung und die Unterbringung einer bedeutenden
0 Dieser wurde der Stadt Wallern in Böhmen nach dem Stadtbrande geschenkt
und in der dortigen Pfarrkirche aufgestellt.