Volltext: Briefe

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An Amalia Stifter 
Kirchschlag, 24. Juni 1867 
Einzig teure Gattin! 
Es ist eben zwölf Uhr nachts am 24. Juni. Ich erwachte um 
halb zwölf Uhr unter Angst und Wallungen und Schwindel. 
Es litt mich nicht mehr im Bette. Ich stand auf und kleidete 
mich an. Sollte mich hier, von Dir getrennt, ein Unfall treffen, 
so schreibe ich diese wenigen Worte für Dich nieder, die Dir 
danken sollen für alle Liebe und Güte, die Du mir in diesem 
Leben erwiesen hast. Diese Liebe und Güte ist größer gewesen, 
als ich verdient habe. Ich habe Dich geliebt, wie ich nie etwas 
auf dieser Erde geliebt habe. Wenn ich jetzt oder in späterer 
Zeit von Dir abgerufen werden sollte, so mögest Du Dein Herz 
nicht allzu großem Schmerze überlassen und in Ergebung und 
in freundlicher Erinnerung an mich die Tage hinbringen, die 
Dir noch zugemessen sind. Wenn ich bei Dir wäre, würdest Du 
mich trösten, und Deine lieben Worte würden mir leichter über 
die Aufregung hinüberhelfen. Ich sollte eigentlich nie von Dir 
gehen. Wahrscheinlich ist es nur eine Erscheinung, wie ich sie 
auch in Karlsbad zwei Male hatte; aber in dem Augenblicke 
ihres Daseins glaube ich immer, es komme etwas Ungeheures. 
Wann werden diese Nerven sich bessern? Ich habe abends ein 
geheizt, und um halb zwölf Uhr zeigte das Thermometer bei 
meinem Bette über sechzehn Grade. Vielleicht ist es wie da 
mals, da in Karlsbad beim Schlafengehen noch eingeheizt wur 
de. Und ich lag hier unter Polster, Decke und Plaid, weil die 
Nachte bisher immer so kühl waren. Heute ist eigentlich der
	        
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