Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

260 
der Welt sein; alles andere wird sich öde und leer vor mir hin- 
breiten, und ich werde mich dem Tage entgegensehnen, der mich 
an Deine Seite bringt; denn an Deiner Seite muß ich begra 
ben werden, so wird es mein Testament verordnen. Sterbe ich 
vor Dir, so wirst auch Du gewiß mir ein treues Andenken be 
wahren, Du wirst meine Fehler vergessen, wirst Dich auf meine 
Tugenden erinnern und wirst denken: er hat mich doch geliebt 
und hat ein gutes Herz für mich gehabt. Und vielleicht legst 
auch Du Dich nach Deinem Tode an meiner Seite nieder, lind 
wenn es ein Jenseits gibt, und wenn dann für selige Menschen 
Gott anschauen das Höchste ist, und wenn Gott anschauen 
nichts anders sein kann, als ihn immer mehr in seinen Werken 
erkennen (denn ganz ergründen können wir ihn nicht; weil wir 
dann er selber sein müßten) und wenn für Menschen das höchste 
Werk Gottes wieder das menschliche Herz ist, so ist für mich 
wieder sein höchstes Werk Dein Herz, das ich am besten kenne; 
es ist auch dort wieder mein höchstes Glück, und im Himmel 
wird unsere zum Schönsten gereinigte und geläuterte Liebe un 
ser Himmel sein. Wie es ist und wie es ist, so sei es, und Gott 
wird es schon am besten gemacht haben; er hat uns einander 
gegeben, dafür danken wir ihm, und wie lange es dauert, dafür 
danken wir ihm auch. Bewahre mir nur Dein liebes, treues 
Herz; ich will auch suchen, stets besser zu werden und Dich zu 
beglücken, und so lasse uns, was unzweifelhaft unser ist, auch 
unser sein. Ich bin durch das Lesen Deines teuren Briefes, in 
dem Du sagst, daß ich Dir das Liebste und Teuerste dieser Welt 
bin, daß Du mich liebst und nur für mich zu leben wünschest,