Volltext: Deutschland und Ostasien [14]

intensiver Arbeit zuvorkamen. Es entwickelte sich langsam ein 
Streben, das bei allen Mächten dann Aufnahme fand, der Wunsch 
nach sogenannten Interessensphären, die der Bearbeitung durch 
das besitzende Land hauptsächlich überantwortet werden sollten. 
Die Politik der Periode der Aufteilung Chinas in fremde Kolo¬ 
nien wich der Periode dieser Interessensphären, und England 
hatte mit schlauem Krämerblick den fettesten Brocken für sich er¬ 
dacht, das reiche Iangtsetal von dem noch unermeßliche, uner- 
schlossene Reichtümer bergenden Szetschuan bis hinab zum Äaupt- 
Chinahafen Schanghai. Auf solche Absichten deutete der englische 
chinesische Vertrag von 1898, in dem sich China verpsiichten mußte, 
niemals irgendwelches Gebiet in den an den Jangtse angrenzenden 
Provinzen an irgendeine fremde Macht abtreten zu wollen. Das 
war also eine Art Vorkaufsrecht für England. England versuchte 
immer wieder, dieses Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren. Als 
die chinesische Revolution tobte, glaubte es seinem Vorteil zu 
dienen, wenn es die Macht des nördlichen mandschurischen Regi¬ 
mentes untergrub. Als die mandschurischen Truppen damals sieg¬ 
reich in Lankau standen und im Begriff waren, die Revolution 
zu zerbrechen, erfolgte auf Eingreifen Englands jener Waffen¬ 
stillstand und die Friedensverhandlungen von Schanghai, da war 
es England, das eine Anleihe für die mandschurische Regierung 
verhinderte und damit einzig und allein ihren Sturz herbeiführte. 
Denn Englands kaufmännische Interessen lagen weiter südlich bei 
den Revolutionären, die die neue Hauptstadt des Reiches nach 
Nanking ins Iangtsetal verlegen wollten, wo man von dem über¬ 
wiegend englischen Schanghai aus eine bequeme Kontrolle gehabt 
und seine Blütenträume hätte reifen sehen. Im Norden hatte 
man mit Schrecken in den letzten Jahren das Wachstum Tsing¬ 
taus gesehen und hatte erfahren müssen, daß mit dieser Position 
auch die Stellung Deutschlands im Hafen von Tientsin, also der 
Hauptstadt der Tschiliprovinz, in der Peking liegt, wuchs. Die 
„Germanisierung" Nordchinas aber widersprach bei einer gleich¬ 
zeitigen Festigung der Zentralgewalt in Peking dem englischen 
Äandelsinteresse! Die Politik Buanschikais zerstörte alle diese 
Pläne; es blieb bei der Hauptstadt Peking und bei einer starken 
Buanschikaischen Militärregierung im Iangtsetale. Zum Lohne 
dafür machte die englische Politik diesem Reorganisator Chinas 
Schwierigkeiten, wo sie nur konnte. Die größte und schwerwiegendste 
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