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8. Der öffentliche Werklohn.
Zwischen Übernahme und Abgabe durch öffentliche Hand liegt
oft noch eine Verarbeitung. Es kann eine Kriegsgesellschaft das
Obst beschlagnahmen und die Marmelade wieder verkaufen; oder das
Stroh übernehmen und Strohkraftfutter vertreiben. Die dazwischen
liegende Verarbeitung kann sie in eigenen Fabriken vornehmen lassen;
dann wird die Berechnung der Löhne mit derjenigen des Abgabe
preises erfolgen. Es bedarf kaum der Bemerkung, daß sich die
öffentlichen Körperschaften einer solchen Eigenverarbeitung, wo nicht
ganz dringliche Gegengründe vorliegen, enthalten, daß sie vielmehr die
bestehenden Industrien beschäftigen, also diesen das Rohmaterial
liefern, zuweisen oder das in ihrem Betriebe etwa lagernde „frei
geben" und ihnen das fertige Erzeugnis wieder abnehmen. Zwar
wird diese Verarbeitung rechtlich meistens so geregelt, daß die
Fabriken das Rohmaterial von der Kriegsgesellschaft oder dem Ur-
erzeuger oder einem Vorverarbeiter kaufen und das fertige Erzeugnis
wieder an die Reichsstelle, Kriegsgesellschaft oder an die von diesen
ermächtigten Abnehmer, etwa gegen Bezugsschein, verkaufen.
Rechtlich liegen dann zwei Kaufverträge vor, deren Unterschied in
den Kaufpreisen den Verarbeitungslohn bildet; so beim Muster
beispiel, dem Zucker*). Tatsächlich handelt es sich aber um eine
Herstellung im öffentlichen Aufträge. Gelegentlich wird dieser
öffentliche Werklohn auch als solcher geradezu vertraglich festgelegt
und zwar allgemein, nicht für den einzelnen Fall.
Auch diese öffentlichen Festsetzungen haben ihre Vorläufer bei
den Submissionen des Friedens für öffentliche Leistungen. Immerhin
wurden diese meistens örtlich und für den einzelnen Fall vereinbart,
während jetzt langdauernde Festlegungen, nicht selten für das ganze
Reich, auftreten. Am ältesten ist diese Festsetzung beim ersten be
schlagnahmten Lebensmittel, dem Getreide (Bekanntmachung über die
Regelung des Verkehrs mit Brotgetreide und Mehl vom 25. Januar
1915, Reichs-Gefetzbl. S. 35, § 27). Der „Mahllohn" der
Kriegsgetreidegesellschaft, der späteren Reichsgetreidestelle, wurde zu
erst einheitlich festgelegt?); hernach erwies sich eine gewisse Staffelung
nach Betriebsgrößen und selbst nach Beschäftigungsgraden als un-
*) Zu vergl. Bekanntmachung über den Verkehr mit Zucker im Betricbs-
jahre 1915/16 vom 26. August 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 516); desgleichen sur
1916/17 vom 14. September 1916 (Reichs-Gesetzbl. S. 1032).
2) Allerdings nur von dieser Stelle. Bei den gleichzeitig mit der Be
wirtschaftung beauftragten Kommunalverbändcn und der Z. E. G. (Reichs-
Gesetzbl. 1915 S. 41) traten schon alsbald Unterschiede im Mahllohn auf.