Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

teilweise von den Tissaer, Schönbrunner und Schön- 
walder Juden als Beerdigungsstätte benützt. 
Im J. 1910 verließ die letzte Judenfamilie L. und 
hat sich seit dieser Zeit kein Jude daselbst ange¬ 
siedelt. 
SCHÖNBRUNN 
ist 2 km von T. entfernt, hat 130 Häuser und 900 Ein¬ 
wohner und liegt an der Straße nach Schönwald und 
Floss in Bayern. 
Die Ansiedlung der Juden daselbst muß allem An¬ 
scheine nach zu Beginn des vorigen Jhts. erfolgt sein. 
Die Martik zeigt die erste Eintragung im J. 1808. im 
J. 1825 zählte das Dorf 14 Judenfamilien mit 75 See¬ 
len, im J. 1845 11 Familien mit 53 Seelen, im J. 1885 
3 Familien mit 18 Seelen. Die letzte Judenfamilie wan¬ 
derte im J. 1896 aus. Die Juden daselbst, deren Er¬ 
werbszweig der Hausierhandel bildete, konnten, nach¬ 
dem dieser Erwerbszweig sich nicht mehr lohnte, in 
diesem Dorfe, wegen ihrer Nähe zur Stadt, sich da- 
selbst nicht erhalten und zogen schon in den achtziger 
Jahren von dort ab. 
Aus Seh. stammen die Familien Hornstein, Roth¬ 
schild, Vogel und Auerbach. Die Rothschild siedelten 
sich bald in Tachau an, die Vogel zogen nach Amerika. 
Die Gemeinde hatte gar kein Vermögen, der Tem¬ 
pel befand sich in einem Miethause, als Beerdigungs¬ 
stätte wurde der Friedhof in Langendörflas benützt, 
die Matrik wurde im J. 1839 vom Rb. Lengsfelder 
übernommen und von dieser Zeit an mit der Tachauer 
Matrik einheitlich geführt. 
TISSA (c. TISOVÁ) 
liegt an der Reichsstraße nach Haid, ist 5 km von T. 
entfernt, hat 77 Häuser mit 400 Einwohnern, einen 
großen Meierhof, ehemals Eigentum der Herrschaft 
Windischgraetz und war in früheren Jahren sehr oft an 
Juden verpachtet. Dieser Meierhof wird jedenfalls 
schon vor zwei bis drei hundert Jahren die Ansiedlung 
einzelner Juden daselbst begünstigt haben. (Siehe 
Gesch. der Juden in Tachau, Seite 85.) Die daselbst 
wohnenden Juden schlössen sich der K. G. Neu-Zed- 
lisch an. Erst im vorigen Jht. schlössen sie sich zu ei¬ 
ner eigenen K. G. zusammen, welches wohl mehr dem 
Einflüsse der jüdischen Hofpächter zu verdanken ist, 
darum umfaßt die Lebensdauer dieser Gemeinde nur 
eine kurze Spanne Zeit und zwar ca. von 1850 bis 1897. 
Dieser Gemeinde schlössen sich die in den umliegen¬ 
den Ortschaften Vogelsang, Godrisch und Kumplitz 
vereinzelt wohnhaften Juden an. In T. selbst wohnten 
die Familien Fischi, Gerber und Kraus. Ein 
Fischi war längere Zeit Pächter des Meierhofes. 
Die Matrik umfaßt die Zeit von 1868 bis 1897. 
1870 wurde das Haus Nr. 56 angekauft und zu ei¬ 
nem Bethause adaptiert. Dieses Gebäude wurde am 6. 
März 1891 durch Feuer vernichtet, neu aufgebaut und 
gleich von außen zweckentsprechend ausgestattet, wo¬ 
durch es als Synagoge kenntlich wurde. Angeschlossen 
befand sich die Schule und die Wohnung des Lehrers. 
Im J. 1897 wurde T. von der K. G. übernommen. Ge¬ 
legentlich einer Inventur am 24. Juni 1910 wurde das 
Tempelgebäude an Herrn Gustav Kraus verkauft, wel¬ 
cher Verkauf in der Sitzung am 10. Juli 1910 geneh¬ 
migt wurde. 
Gustav Kraus verkaufte das Haus im J. 1913 an Jo¬ 
hann Blobner. 
Gegenwärtig wohnt in T. kein einziger Jude mehr. 
SCHOSSENREITH (c. CÁSTKOV) 
ist ein Dorf mit 61 Häusern und 300 Seelen, SV'Z km 
von T. entfernt, an der Straße nach Neu Zedlisch ge¬ 
legen, Schloß und Meierhof ehemals Fürst Windisch¬ 
graetz, gegenwärtig im jüdischen Besitze. (Eduard 
Werner.) 
In Schossenreith hatten sich schon im J. 1780 zwei 
jüdische Familien, Greil und Rosenbaum, angesiedelt, 
später kamen Kohners dazu. Die Juden der Umgebung 
u. zw. aus den Dörfern Uschau und Maschakoten 
schlössen sich mit den Schossenreithern zusammen und 
bildeten eine Gemeinde mit dem Sitze in Schossenreith 
noch vor Ende des 18. Jhts., da jedenfalls in Schossen¬ 
reith sich eine größere Anzahl von Judenfamilien be¬ 
fand. Im J. 1820 wohnten daselbst 11 Familien, im J. 
1835 13 Familien mit 89 Seelen, im 1855 12 Familien 
mit 54 Seelen. 
Im J. 1860 begannen die Juden von Schossenreith 
auszuwandern, so daß im J. 1875 bloß 5 Familien da¬ 
selbst verblieben, und zwar die Familien Löwy, Kips, 
Glaser und 2 Familien Kohner. 
Gegenwärtig befindet sich daselbst bloß der Hof¬ 
besitzer Werner und eine Familie Löbner. Die Syna 
goge befand sich im Hause Nr. 34; wann diese ver¬ 
kauft wurde, ist nicht ersichtlich. 
Bei Schossenreith fällt die Eigentümlichkeit auf, daß 
sich die Ch. K. der Tachauer anschloß, während sich 
die in Schossenreith wohnenden Juden, mit denen in 
Uschau und Maschakoten, bei Inkrafttreten des Ge¬ 
setzes v. J. 1890 der K. G. Neu Zedlisch anschlössen. 
SCHÖNWALD. 
Dieses Dorf ist 9 km von T. entfernt und liegt 
an der Bezirksstraße Tachau—Waldheim—Floss in 
Baiern, hat 119 Häuser mit 710 Einwohnern, ist Sitz 
der Herrschaft derer von Schierding. 
Der Zuzug jüdischer Familien nach Sch. ist erst vom 
Beginne des vorigen Jhts. zu verzeichnen. 
Die liberalen josephinischen Gesetze haben auch 
hier den Zuzug der Juden günstig beeinflußt. 
Schönwald Ehemaliger Tempel 
Die Glashütten in Goldbach, Altfürsthütten, Wald¬ 
heim, Reichental und andere bis in das bayerische Ge¬ 
biet hinein, waren eine Domäne jüdischer Pächter, die 
zumeist Tachauer waren, die aber immerhin der Ta¬ 
chauer K. G. treu blieben. (Siehe Note 3.) Sie rech¬ 
neten sich nicht zu den Mitgliedern der J. G. Schön¬ 
wald, scheinen aber die daselbst ansässigen Juden ge¬ 
schäftlich unterstützt zu haben. 
Im ganzen waren den Juden 5 Häuser zugewiesen 
gewesen, die CNr. I—V, zu Beginn des J. 1850 be¬ 
wohnten jedoch schon Juden auch andere Häuser. Um 
diese Zeit befanden sich in Sch. 16 Familien mit 98 
Seelen; ihr Ernährungszweig bildete zum großen Teile 
Tachau 12 
642
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.