Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Aus den Verrechnungen lassen sich genau die Ein¬ 
nahmen und Ausgaben eines jeden Jahres feststellen, 
wie auch die Beitragsleistung des Einzelnen, trotz der 
komplizierten Verrechnungsmethode, zumal jede ein¬ 
zelne Ausgabe auf jedes einzelne Mitglied aufgeteilt 
wurde. 
Im J. 1814 wurde die Ch. K. ins Leben gerufen, der 
Pinax mit dem ursprünglichen Statut ist erhalten. Die¬ 
ses Statut wurde im J. 1855 umgearbeitet ins Deutsche 
übertragen und am 24. März 1855 behördlich ge¬ 
nehmigt. 
Neuaufnahmen von Mitgliedern konnte nur die Ge¬ 
neralversammlung vornehmen. Die Aufnahmsgebühr 
betrug zumindest zweimal 18 Groschen. 
Die Rechnungslegung war sehr genau und die Ab¬ 
schlüsse leicht übersichtlich. Schon im J. 1823 wurde 
aus dem Vereinsvermögen mit dem Ankauf von Wert¬ 
papieren begonnen. 
Im J. 1854 zählte der Verein 71 Mitglieder, von 
den gründenden Mitglieder lebten zu jener Zeit 
noch 13. 
Ebenso wie aus den Büchern der K. G. war auch aus 
den Büchern der Ch. K. der Niedergang der Gemein¬ 
de feststellbar. Mit den sechziger Jahren werden die 
Rechnungsabschlüsse unregelmäßig und hören mit 
dem J. 1891 ganz auf. Der Rechnungsabschluß von 
diesem Jahre zeigt einen Vermögensstand von 1677 
Gulden 8V2 Kreuzer. Diesem folgt noch eine Vermö¬ 
gensaufstellung im J. 1899. 
Im J. 1912 wurde der Verein aufgelöst und der Ch. 
K. in T. angeschlossen, welche gleichzeitig die Fried¬ 
höfe in N. Z. und in Purschau in Verwaltung über¬ 
nahm; das Vereinsvermögen wurde zur Restaurie¬ 
rung der Friedhofsmauer in N. Z. verwendet. Diese 
Friedhofsmauer wurde nach einer im Türgerüst ein- 
gemeiselten Inschrift, im J. 1771 unter dem K. V. 
Bloch errichtet. 
Im J. 1914 wurde die K. G. Neu Zedlisch aufgelöst 
und der K. G. Tachau zugeteilt, nachdem im ganzen 
Kultusgemeindesprengel sich bloß 7 Judenfamilien 
mehr befanden und schon seit Jahren kein Kultus¬ 
funktionär mehr aufgenommen wurde. 
Der Tempel wurde aus Mangel jedweder Aufsicht, 
wodurch das Gebäude infolge des Zahnes der Zeit 
einerseits und eventuell aus Böswilligkeit anderseits 
schon sehr gelitten hat, auch fernerhin noch leiden 
müßte, schließlich auch in Erwägung der Aussichts¬ 
losigkeit, jemals dieses Gebäude wieder gottesdienstli¬ 
chen Zwecken zuführen zu können, laut Beschluß der 
K. G. Tachau in der Sitzung am 7. Juli 1918 um den 
Preis von Kc 6800"— an Josef und Anna Wurdak auf 
Abbruch verkauft. Die Inneneinrichtung des Tempels 
wurde bereits im J. 1911 von der K. G. Tachau über¬ 
nommen und teilweise im neuen Tempel verwendet. 
In N. Z. selbst wohnt gegenwärtig eine einzige Ju¬ 
denfamilie. Von den Stiftungsvermögen verblieb eine 
Efraim Schulhof-Stiftung im Betrage von 12.000 Kc, 
von welcher jedes vierte Jahr alternierend einmal an 
Studenten, bzw. Handwerker zur Etablierung und 
einmal an Mädchen zur Heiratsausstattung Kc 2000'— 
verliehen werden. Diese Stiftung wurde von der K. G. 
T. in Verwaltung übernommen. 
PURSCHAU (c. POREJOV). 
Anfangs des vorigen Jhts. siedelte sich in Purschau 
eine Familie Freisleben an, bis sich durch Einheirat 
in die Familie Freisleben, eine Familie Schwager be¬ 
gründete. 
1841 siedelte sich daselbst ein aus Schönbrunn 
stammender Rothschild an, im J. 1850 ein Löwy und 
zu gleicher Zeit durch Einheirat in die Familie Freis- 
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leben ein Popper und so finden wir zu Beginn des J. 
1860 in Purschau 14 Judenfamilien mit 95 Seelen, die 
sich zu einer Gemeinde zusammenschlössen. 
Im J. 1835 wurde ihnen ein unfruchtbares sumpfi¬ 
ges Grundstück im Riede Steigacker im Ausmaße von 
881 rri1 zugewiesen als Grabstätte, welches bei Anlage 
der Grundstücke die PNr. 1211 erhielt. 
Tachan 11 
Ehemaliger Tempel in Purschau 
Im J. 1850 wurde das Haus Nr. 95 gepachtet, zu 
einer Schule und Bethaus hergerichtet und im J. 1860 
käuflich erworben. 
In den J. 1860—1870 beginnt ein Abwandern der 
jüdischen Bevölkerung, so daß sich zur Zeit, wo sich 
der Einfluß des Gesetzes vom J. 1890 geltend machte, 
nur mehr 4 Familien in P. verblieben, welche sich bei 
Inkrafttreten dieses Gesetzes der K. G. Neu-Zedliscli 
anschlössen und erst bei Auflösung dieser K. G., der 
K. G. Tachau zugeteilt wurden. Am 8. Mai 1919 wur¬ 
de das Bethaus dem Julius Löwy um den Betrag von 
Kc 700'— verkauft. Diese Familie ist noch die einzige 
Judenfamilie in P. 
„LANGENDÖRFLAS (c. DLOUHt ÜJEZD)", 
ein Dorf 2 km von Tachau entfernt, mit 120 Häusern 
und 650 Einwohnern, an der Straße nach Purschau 
und Roßhaupt gelegen. In diesem Dorfe wohnten 
nachweisbar schon im J. 1750 einzelne Juden, im J. 
1810 befanden sich daselbst bereits 15 jüdische Fami¬ 
lien mit 95 Seelen, die Matriken beginnen mit dem 
J. 1794. 
Im J. 1830 wurden daselbst 20 Judenfamilien ge¬ 
zählt mit 116 Seelen, 1870 18 Familien mit 100 Seelen. 
Von dort stammen die Familien Auer, Neubauer, 
Haustein, Schwagerl, Schönauer, Grünhut, Klein, Wol- 
rab, Weidenfeld und Klauber, bzw. Glauber. Im J. 
1839 wurden die Matriken abgeschlossen, vom Rb. 
Lengsfelder übernommen und von da an mit 
Tachauer Matrik einheitlich geführt, während die G e 
meinde weiter ihre Selbständigkeit bewahrte. 
Am 29. Juni 1895 wurde der Tempel in L. an Georg 
Tschanerl um den Preis von 240 Gulden verkauft, wel¬ 
cher Betrag von der Ch. K. in T. übernommen wurde. 
Der Friedhof scheint um 1780 angelegt worden zu 
sein. Es ist eine unfruchtbare Kieshalde auf einer An¬ 
höhe im Riede Hohenackerflur PNr. 915 im Ausmaße 
von 1554 m2 und ist kaum zur Hälfte belegt. Er wurde
	        
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