Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Geschichte der Juden in Rokitnitz. 
Bearbeitet von 
Karl Hostovsky, Senftenberg. 
Aus der Stadtchronik erfahren wir, daß sich die 
ersten Juden in Rokitnitz (c. Rokytnice) gegen 
Ende des 17. Jhts. angesiedelt haben. Eine Stelle 
gibt das J. 1697 an und berichtet, daß diese Ansied- 
lung nach vorhergegangener „hoher Bewilligung und 
Consens66 des damaligen Gutsherrn von R., Reichs¬ 
grafen Christoph Wenzel von Nostitz geschehen ist, 
„gegen ein jährliches Schutzgeld, der gnädigen Herr¬ 
schaft als Obrigkeit verpflichtet zu entrichten4. 
Auf ihr „unterthäniges Bitten6 kauften sich 8 Juden¬ 
familien in der Niedergasse (der späteren Juden¬ 
gasse) an. Sie besaßen zu beiden Seiten der „Unter- 
gasse", wie sie zu jenen Zeiten genannt wurde, je 4 
Häuser, demnach in derselben Gasse 8 Häuser. 
Bald aber kamen andere Judenfamilien nach R. 
und siedelten sich hier an. Im J. 1718 wandten sie 
sich an den Magistrat und die Bürgerschaft des 
Städtchens mit der Bitte, „sich einen Beerdigungs¬ 
platz für ihre Toten 6 anlegen zu dürfen. Sie erbaten 
sich einen Teil der Auen-Fleckeln zwecks Anlegung 
eines Friedhofes. Tatsächlich überließ die Bürger¬ 
schaft von den Auenfleckeln ein Stück Grund und 
Boden zum oben bezeichneten Zweck u, zw. in der 
Länge von 23 Ellen, in der Breite von 18 Ellen, aber 
nicht als Eigentum, sondern mit dem Vorbehalt, wenn 
daraus Streitigkeiten zwischen Bürgerschaft und Ju¬ 
denschaft entstehen sollten, diesen Platz im selbigen 
Ausmaße zurückzunehmen und nach Belieben zu 
kassieren. Hierüber ist damals ein Protokoll aufge¬ 
nommen worden, das im städtischen Archiv aufbe¬ 
wahrt gewesen ist und folgenden Wortlaut hatte: 
„Demnach die Rocketnitzer Judenschaft etliche 
Male alle insgesambt bey der Bürgerschaft des 
Stadtl Roketnitz bittlich einkommen seynd, alldieweil 
auf das Begräbnis plat zi auf dem Stadtl Gründung 
Privilegierten von den Städtler Auen, haben mit 
Bewilligung der hochgedachten gräflichen Erb¬ 
herrschaft also ein Stück zu solchem Begräbnis 
in Allem in der Breitt 19^A Ellen und in der 
Länge 23 Ellen in Ausmasse von II5V2 Quadrat¬ 
klafter. Aber doch mit dem Vorbehalte: nicht zu 
Leib Eigen sondern wenn sich eine Streitigkeit er- 
eygnen sollte, so hat das Stadtl wieder und solchem 
Stück Maass zugemessen iverden zu thun und zu las¬ 
sen und selbige Macht wieder zu kassieren 
Die Judenschaft hat sich erbötig gemacht von dem 
Begräbnisplatz jährlich 30 Kreuzer „Zinsen zu legen 6 
und sich verpflichtet ohne Kenntnis und Willen der 
Herrschaft und Bürgerschaft zum Begräbnisplatz 
nichts zuzubauen. Ende des J. 1718 war der erste 
Termin der Zinslegung von 30 Kreuzern. Würde 
alljährlich der Zins nicht erlegt werden, sollten die 
Juden des Platzes verlustigt werden. „So geschehen 
auf dem Rathhaus Rocketnitz 3. Juny anno 1718." 
Im J. 1712 erbaten sich die Juden die Über¬ 
lassung eines Platzes zwecks Erbauung eines Bet¬ 
hauses. Vom Grafen Nostitz und der Bürgerschaft 
wurde dies bewilligt. Es war ein Holzbau und stand 
dort, wo sich heute der steinerne befindet. 
Tempel in Rokitnitz. 
Aus dem „Wiirthschafts Grundt Buch, worinnen 
alle Juden Kauf und was sonsten an Häusern, Mühlen 
oder anderen von der gnädigen Herrschaft Zeit 1715 
verkauffet worden 
Rokitnitz. 
Eingetragene Erbkäufe der Schutzjuden von R.: 
Elias Joseph, 16. Okt. 1764, Herschel Wolf, 16. 
Okt. 1764, David Joseph, 5. Jänner 1765, Isac Her¬ 
schel, „Schutzjuden beim Stadtl Rokitnitz", 29. Okt. 
1764, Marcus Jakob, 12. Nov. 1773, David Joseph „er¬ 
kaufet das Haus in der Nieder Gassen seinem Sohne'6 
(Haus Nr. VI.), 7. April 1783, Salomon Soukels, —, 
Josef Israel und Abraham Israel, 5. April J780, Löwe 
Riesner, „um das Judenhaus Sub. Nr. I. dann Brand¬ 
weinbrenner gegen Zins", Isaac Beran, 26. August 
1716 (?), Salomon Elias, ? ? 1723, Philipp Pardu¬ 
bitzer, 12. Sept. 1707, Abraham Pollack, 12. Sept. 
1707, Joseph u. Jacob Pollack, 26. Sept. 1707, Phillip 
Moisés, 26. Aug. 1771, Abraham Lebeis, 26. Aug. 
1771, Lazar Jakob, 26. Aug. 1771. 
Der sämbtlichen Judenschaft Erbkauf der Juden- 
schul in der Nieder Gassen den 30. Sept. Anno 1708. 
Joseph Weiss kauft am 10. Mai 1788 von der Herr¬ 
schaft „den bisher unbewohnt gestandenen Judenbau¬ 
platz Sub. Consc. Nr. 8". 
Nathan Mahler kauft am 10. Mai 1788 von der 
Herrschaft „den bisher unbewohnt gestandenen Ju¬ 
denbauplatz Sub. Consc. Nr. 9". 
Rokitnitz 1 
570
	        
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