sich kein angesiedeltes Judengeschlecht.46 (1811.) „In
R. ist weder eine Judenfamilie ansässig, noch wohn¬
haft. Es gibt bloß zeitweilig Aufhaltende, ohne Weib
und Kind." (1820.) Noch im J. 1850 berichtete das
Stadtverordnetenko'llegium der neu eingeführten Be-
zirkshauiptmannschaft: „Hierorts bestehen keine jüd.
Kultus- oder Unterrichtsanstalten, da in der ganzen
Stadtgemeinde kein Jude ansässig ist, den hier be¬
findlichen Juden aber bezügl. ihres Gewerbes nur ein
zeitlicher für ihre Person gültiger Aufenthalt
bewilligt war und ist.44 Das stand alles sehr schön
auf dem Papier. Gewiß war den Juden in R. die Se߬
haftigkeit verwehrt, aber in Wirklichkeit wurde die
gesetzliche Bestimmung umgangen. Die wirtschaft¬
lichen Erfordernisse erwiesen sich eben stärker, als
bureaukratische Vorschriften. Manch jüd. Inwohner
hatte auch Weib und Kind. Aus der Matrik der De-
chantei in R. und der jüd. Gemeinde in Turnan ist
es bis zur Gewißheit erwiesen, daß bei den Juden in R.
nach 1810 Trauungen und Geburten vorkamen. Hier¬
durch wurde, wenn auch nicht de jure, so doch de
facto ein gewisser Grad der Ansässigkeit erreicht.
Doch wir wollen den Ereignissen nicht vorgreifen,
sondern sie erst der Reihe nach darstellen.
Sicherlich war der Magistrat in erster Zeit nach
dem zweiten Judenverbote gezwungen, strenger vor¬
zugehen. Hierauf ist es zurückzuführen, daß zwei
Juden, Brüder, denen der Wirt des Gemeindehauses
Wachtel ein Quartier vermietet hatte, wozu er die
Befugnis besaß, es räumen mußten. Es sei ganz ohne
Vorwissen des Magistrats geschehen, daß „die beiden
Juden sich ins Gemeindehaus als Mieter eingeschli¬
chen haben44. Zwei ausländische Juden, die Brüder
Beyersdorf, wurden aus R. ausgewiesen. Sie genossen
viel Vertrauen und man setzte sich auch vielfach für
sie ein. Trotzdem ihre bevorstehende Abschaffung
veröffentlicht wurde, trug man ihnen noch namhafte
Summen als Darlehen an. Sie kehrten von Zittau zu¬
rück, um ihren Verbindlichkeiten nachzukommen
und es wurde ihnen die Frist verlängert. Im J. 1815
erhält Markus Taussig eine Geldstrafe von 7 Fl.
wegen Offenhalten seines Gewölbes während der Zeit
des sonntäglichen Gottesdienstes. 1823 wohnten in
R.: Samuel Strenitz, Schutzjude aus Jungbunzlau,
Siegmund Haan, Juda Weiss, Samuel Reitler, Jonas
Pollak, Wollhändler und Wolf Prinz, Trakteur.
Im J. 1827 erhielt die „Judenschaft44 von R. die
Weisung, sich mit Pässen zu versehen. Die „Juden¬
pässe44 wurden nicht einmal auf ein Jahr, ja nicht
einmal auf eine kürzere, aber bestimmte Zeit, son¬
dern bloß für einen bestimmten Zweck ausgestellt.
Im nächsten Jahre war die Zahl der Juden in R.
schon verhältnismäßig stattlich. Sie betrug 57. Wir
besitzen die nachstehende Konsignationsliste.
Geburtsort :
Nathan Pollak
Neubidschow
Moses Österreicher
Turnau
Joachim Weil
Turnau
Leopold Kompert
Münchengrätz
Markus Sorer
Trebitsch
Leopold Sorer
Trebitsch
Josef Pollatschek
Neukolin
Lazar Fürth
Prag
S. B. Hirsch
Prag
Joachim Karpeles
Prag
Salomon Karpeles
Prag
Beer Kantor
Prag
Markus Nevekluf
Prag
Moritz Karpeles
Prag
Wolf E. Schuster
Prag
Friedmann Bodansky
Pirnitz
Siegmund Haan
Münchengrätz
Lazar Haan
Münchengrätz
Salomon Kantor
Münchengrätz
Alex. Winterberg
Jungbunzlau
Josef Rössler
Jungbunzlau
Josef Winterberg
Jungbunzlau
Adam Gitschin
Jungbunzlau
Abraham Brod
Lieben
Wolf Schulhof
Goltsich jenikau
Lazar Schulhof
Goltachjenikau
Adam Kornfeld
Gol tsichj enik a u
Jonas Pollak
Go lischjenikau
Benjamin Piaitter
Kolin
Jakob Platter
Kolin
Leopold Kompert
Münchengrätz
Josef Pollatschek
Neukolin
Löbl Taussig
Zbenslowitz
Philipp Österreicher
Turnau
Salamon Kraus
Blinko
Nathan Diener
Prag
Simon Moscheies
Prag
Samuel Fleckeies
Prag
Isaak Fürth
Prag
Isaak Lobositz
Prag
Low Freyberg
Prag
Salomon Löwy Kuh
Prag
J. Bondy
Pirnitz
Heinrich Gutfreund
Polna
Löbl S. Bäsch
Polna
Jos. Em. Herzka
Ungarn
Samuel Reitler
Hrdlojone
David Low Brandeis
Jungbunzlau
Henoch Straschnow
Jungbunzlau
Abraham Bloch
Jungbunzlau
Isaak Österreicher
Turnau
Simon Fried
Zwikowetz
Josef Simon
Neubidschow
Hermann Schnabel
Neubidschow
Israel Herzka
Ungarn
Markus Mayer
Neubidschow
Markus Neumann
Neubidschow
§íufciití)flít6frf)fín
c
gf&uttijj auf \ * y. (' fe»
terfefyrn mit von ' 7* K *
wotjnfjaftift
0ÔÎt{<J ,<wf y\ Á * £ A
[mt SSfc&ibceung b« So^iiunj, iole aucfc ber "Kuwait} tor ifl ft#
¿U mtlöcn.
fRagiftàit 3tctcí;en&ecg ant fi* sí, *3
' ■>* »•»,> *2+s
-y,
Aufenthaltsschein für Reichenberg aus dem Jahre 1827
Im nächsten Jahre schrumpfte die Zahl der Juden
beträchtlich zusammen. Sie betrug nur noch 34.
Diese Verminderung ist wahrscheinlich darauf zu¬
rückzuführen, daß die Paßlosen die Stadt verlassen
539
Reichenberg 11