„erblich erkauft" seien und nur mehr von 5 „Chalup-
pen", daß sie der Obrigkeit gehörten. Von diesen 18
Judenhäusern standen 1713 bereits 17 im Ghetto bei¬
sammen, nur eines lag außerhalb des Stadtberinges,
jenseits des Flusses. Außerdem gab es noch ein Juden¬
haus in Oberneuern, ebenfalls abseits der Haupt- oder
Kirchenstraße oder, wie man diese früher hieß, des
„Marktes".
Vorher waren die Juden zum Teil zerstreut in den
verschiedenen „Winkeln" außerhalb des Stadtrecht¬
eckes von Unterneuern, aber immer noch innerhalb des
Grabenringes ansässig gewesen; aus den alten Grund¬
büchern ersehen wir, wie die Gutisherrschaft in der
Zeit nach dem dreißigjährigen Kriege bestrebt war,
die Wohnsitze sämtlicher Juden in deren Viertel zu
verlegen. Sie gab damit einem Wunsche der Kirche
nach, die die Juden von den Christen abgesondert
wissen wollte, weil sie sich für das Seelenheil ihrer
Gläubigen aus dem Gemischtwohnen und Durcheinan¬
derleben beider Bekenntnisse nichts Gutes versprach9).
Der Besonderheit der Judenhäuser entsprach auch
deren andersartige Nummerierung. Als im J. 1771 in
den habsburgiischen Erbländern die Hausnummern ein¬
geführt wurden, bezeichnete man die Judenhäuser,
weil sie für die militärische Einquartierung (derent¬
wegen die Häuser die Nummern bekommen hatten),
nicht in Betracht kamen, mit römischen Ziffern, wäh¬
rend die Christenhäuser arabische Zeichen erhielten.
Dabei erhielt das außerhalb gelegene Haus die Nr. I
und die Häuser im Judenwinkel die Nummern von II
bis XVIII. Das Oberneuerner Judenhaus erhielt dort
die Nr. I.
Die ältesten Nachrichten über die Neuerner Juden¬
schaft gehen bis auf 1618 zurück; wir erfahren diese
Namen aus der amtlichen „Judenfassion" von 1724 10),
die die Stammväter der damals in N. lebenden Juden
anführt, »soweit diese schon vor 1618 im Orte ansässig
waren. Da lesen wir die Namen:
Jonas Windspach mit den Söhnen David und
Jakob und der Tochter Feigele;
Mayer Bloch mit den Söhnen Lazar und
Moyses;
J. M ii t z 1, der nur eine Tochter hatte, zu der Elias
Hon (Hahn) aus Schiittenhofen nach N. einheiratete;
Abraham Zaparth mit seinem Sohne Wolf;
Salomon Aron mit dem Sohne gleichen Na¬
mens, der ihm aber später in Verlust geriet.
Aus der Zeit vor 1618 hat sich, wie wir sehen, nur
die Familie B 1 o c h in N. erhalten; sie hat sich so ver¬
mehrt, daß sie die in N. zahlreichste und für unsern
Ort geradezu bezeichnende Judenfamilie wurde und
N. daher manchmal im Scherze auch „Bloehowitz" ge¬
nannt wird. Es ist anzunehmen, daß die sehr weit in
der Welt ausgebreitete Familie Bloch unsere Stadt als
ihren Ursitz und ihre Urheimat ansprechen kann.
In Schriften aus 167011) wird uns der (damals
schon verstorbene) „Jude Daniel" aus N. genannt, der
ein größeres Vermögen hinterlassen hatte. Aus dem
J. 1694 erfahren wir aus einer im Arch, des Min. des
Innern liegenden Schrift12), die Namen der Neuerner
Juden Samuel Neumark und H e r s c h 1. Sie waren
beide die Vormünder der Waisen nach Nathaniel
N e u e r n.
Genauere und planmäßig zusammengestellte Nach¬
richten über die Neuerner Judenfamilien und Juden¬
häuser erfahren wir erst nach 1700; sie istammen aber
nicht aus dem Schöße der J. G., denn diese ist durch
die großen Brände von 1798 und 1861 um alle ihre
Aufzeichnungen gekommen; wir verdanken sie dem
Streben des Staates, eine Übersicht über die Steuer¬
leistungen der Juden zu bekommen, anderseits dessen
Bemühen nach Einschränkung der Zahl der Judenfa¬
milien. In der ersteren Richtung entstand die im J.
1713 verfaßte Familienliste, die dem alten Kataster
der Herrschaft Bistritz beiliegt (im Landesarchiv zu
Prag), in der zweiten die bereits erwähnte „Juden¬
fassioni" von 1724 und das ,,Familiantenbuch" von
1800 , das die Inhaber der 1800 festgesetzten Fami¬
lienstellen (im ganzen 23) samt deren Vorfahren und
Nachkommen verzeichnet, beide im Arch, des Min. des
Innern in Prag. Weitere Nachrichten bringen vor allem
die alten Grundbücher (beim Bezirksgerichte N.),
dann die Arch, der Stadt N. und der Herrschaft Bi¬
stritz, von denen dais letztere, weil es nicht geordnet
ist, nur in geringem Maße benützt werden konnte.
Die alten Neuerner Judeiihäuser.
Das Neuerner Ghetto (siehe Plan) ist eine planmä¬
ßige Anlage der Gutsobrigkeit. Hier wurden von ihr
fast sämtliche Juden der Stadt angesiedelt und die
Häuser dieser kleinen Judenstadt gingen nach und
nach durch Kauf und Tausch in den Besitz der Juden
über.
Hier waren ursprünglich die durchaus hölzernen
Häuschen der Juden eng zusammengedrängt, um einen
dreieckigen Platz, dessen wichtigster Zugang zwischen
den Häusern XVII und XVI gegen den Ringplatz
nachts immer durch eine Kette (Eruv) abgeschlossen
wurde. Nach dieser Kette heißt noch das Haus Nr. XVI
(Nr. 132 neu), an dem die Kette hing, im Volksmunde
„beim Kettenjuden".
Die römischen Hausnummern waren erst 1771 ge¬
geben worden; vorher bezeichnete man die Häuser (in
Urkunden) so, daß man die beiderseitigen Nachbarn
angab. Weil aber die Besitzer der Nachbarhäuser
öfter wechselten, erscheint uns heute diese Bezeich¬
nung recht ungenau. Die beigegebene Zeichnung stellt
den Bauzustand von etwa 1800 dar, als der Tempel
nicht mehr auf dem Platze XI, sondern (wie noch
heute) schon anstelle des Wünschbachischen Hauses
Nr. V stand. Dagegen ist noch das weit in die Haupt¬
straße hineinragende Haus Nr. XVIII auf dem Plane
zu sehen, das ein schweres Verkehrshindernis bildete
und daher nach dem Brande von 1861 nicht mehr auf¬
gebaut werden durfte. Die Häuser II und III sind
durch ein schmales Gäßlein von einander getrennt; es
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