Volltext: Geschichte des Badeortes Ischl

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3n den trüben, in den kalten 
Tagen, die uns heimgesucht, 
Hat der Herbst auf ihrer Flucht 
Letzte Blumen aufgehalten, 
Am sie Dir zu schenken. 
Diesem Herbste will ich gleichen: 
Wenn auf meine lauten Wälder. 
Blumigen Gedankenfelder. 
Mir die Todeslüfte streichen. 
Daß sie schweigen und verblühen 
Will ich mit dem letzten Grün 
Deiner noch gedenken. 
Zum Geburtstag, Ischl, Auböck? 23 ) 
Schon im Juli des Jahres 1840 
fand Lenaus Liebesidhll mit Karoline 
AnMer zu Ischl sein Ende.' Die Flamme 
der Begeisterung war allmählich erlo 
schen, einem so tiefen Gemüte wie Le 
nau konnte das komödienhafte, ober 
flächliche und leichtlebige Wesen Karo- 
linens auf die Dauer nicht zusagen? 2 ') 
Lenau war in Stuttgart ohne Nachricht 
von ihr geblieben, wie lange und ob 
überhaupt sie in Ischl verweile. Er hielt 
den Zeitpunkt für gekommen, seine an 
sie gerichteten Briese, die Karoline in 
Dresden Ludwig Tieck vorgelesen hatte, 
zurückzufordern. „Ich lieh in Stuttgart." 
schrieb er von Ischl an Max Löwenchal, 
„alles im Stich, und machte mich aus 
und davon. Den 13. abends bin ich nach 
schnellster Reise hier (Ischl) eingetroffen 
und den 14. morgens hatte ich alle mei 
ne Briefe in der Tasche. Jetzt ist der 
dumme Streich mausetot geschlagen und 
mir ist unbeschreiblich Wohl darüber. 
Uebrigens benahm sich Karoline edel 
und hegt keinen Groll gegen mich."' 23 ) 
Nach dieser Szene wanderten beide in 
den Wald, dort schnitt Karoline in echt 
theatralischer Weise ihren Namen in 
einen Baumstamm und hierzu das Da 
tum ihres ersten Zusammentreffens mit 
Lenau den 24. Juni 1839 und das Da 
tum der Trennung den 14. Juli 1840, 
— als Sterbetag ihrer ßie&e. 129 ) Lenau 
bewohnte diesen Sommer den Post- 
hof.' 39 ) und beklagt sich bei seinem 
Freund Max Löwenchal über die große 
Teuerung. „Abends suchte ich mir ein 
Zimmer, denn in der Post herrscht eine 
vehemente Teuerung, stelle Dir vor, ich 
habe ein Zimmer nebst Kämmerchen mit 
der Aussicht auf die Zimnitz für 15 kr. 
täglich gefunden. . ,“ 131 ) An Stelle des 
damaligen Posthoses steht heute noch 
das gleichnamige Hotel, dessen Besitzer 
Dr. Ludwig Koch noch heute den Titel 
eines Postmeisters führt, in Erinnerung 
an die hier einst gewesene Postmeisterei. 
Bom 16.—26. Juli verweilte Lenau in 
Aussee. Durch die Vorbereitungen, die 
man dort zum Empfang des Erzherzogs 
Johann traf, vertrieben, kehrte er wie 
der nach Ischl zurück. Der Dichter, der 
die ersten freiheitlichen Regungen der 
30ger Jahre aufs freudigste begrüßt hat 
te. konnte sich mit diesen „Erzhetzoge- 
reien", wie er diese Art von Festlich 
keiten, die im Salzkammergut Mode wa 
ren, nannte, nicht abfinden.' 32 ) Von hier 
aus schreibt er wieder an Löwenthal: 
„. . . . gestern sprach ich mit dem hie 
sigen Bürgermeister von Lidl und er 
kundigte mich im allgemeinen über einen 
Bauplatz dahier; ich vernahm folgen 
des: in der Wirerstraße ist noch eine 
Baustelle zu haben, die man an den 
Mann bringen möchte, und zwar nicht 
bloß, wie es früher hieß, zur Errichtung 
eines Gasthofes, sondern auch eines be 
liebigen Wohngebäudes. Der Ausbau 
eines Schweizerhauses dürfte zwar ge 
stattet. aber in der Reihe anderer Häu 
ser, als unpassend nicht zu empfehlen 
sein. Dafür möchte sich eine isolierte 
Baustelle, wie sie hier auch noch zu 
haben wäre, besser eignen. Die Qva- 
dratklafter Bauplatz in der Wirerstraße 
kostet ungefähr 2 fl. 30 kr. Ich werde 
meine Erkundigungen fortsetzen. Das 
Wetter ist wieder heillos. — Gleich nach 
meiner Ankunft begegneten mir Schar- 
schmit und seine Frau unterm Tor des 
Posthoses. Beide sehr vergnügt. Mit 
meinen Hausleuten bin ich höchst zufrie 
den. Die alte Frau Kößler (damalige 
Besitzerin der Kleienkammer) macht mir 
trefflich den Kaffee und das ist der 
mir, wie Du weist, eine Hauptsache 
Die Angher hat mich für heute zu Mit 
tag geladen; mit Ende dieser Woche 
reist sie ab . . . u ' 33 ) Lenau teilt Sophie 
am 2..August mit, daß er hier seinen 
Faust überarbeite, und führt ferner an: 
„Ich wohne hier in der sogenannten 
Kleienkammer,' 3 ^) dem ersten Hause 
links, wenn man auf der Salzburger 
straße hereinkommt, fast gegenüber dem 
ehemals von Kriehuber (bekannter Por 
traitmaler) bewohnten, dicht unter mei 
nen Fenstern führt der Pfad zur Isch- 
lerbrücke hinab . . . Gestern gab Ma 
dame Bauernschmid ein Klavierkonzert 
im hiesigen Theater, wobei Karoline vor 
ihrer Abreise noch sang. Es fiel gut 
aus." Anter vielen neuen Bekanntschaf 
ten führt Lenau den Ghmnastikus Ste- 
sanhe. und den Grafen Dietrichstein an. 135 ) 
Mitte August reiste Lenau nach Stutt 
gart ab, waren doch neuerliche Erz-
	        
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