Volltext: Die Waise von Ybbsthal

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die Nacht nicht mehr ferne steht, und wir noch kein Obdach 
haben. Ich meine, wir sollten sogleich aufbrechen, und zwar 
möchte ich vorschlagen, das Gehöfte des Teichbauern auf¬ 
zusuchen, den ich gut kenne, und der gerne bereit sein wird, 
uns aufzunehmen. Sein Haus ist groß, und wir werden 
Alle dort ein Obdach finden können." 
Die Worte des Oedbauern fanden Beifall, und sogleich 
setzte sich der Zug in Bewegung. Ehe man aber in den 
Wald gelangte, wandten der Lindbauer und sein Weib sich 
nochmals um, und ein letzter, thränenvoller Blick auf die 
noch rauchende Brandstätte war der stumme Abschiedsgruß, 
den sie zurücksandten nach dem Orte, an welchem sie so 
lange Jahre glücklich und zufrieden gelebt. 
Der Marsch gieng langsam von Statten. Die Kinder 
waren todtmüde und fiengen oft laut zu weinen an, denn 
der Weg war rauh, und die Tannen schüttelten unbarm¬ 
herzig ihr weißes, kaltes Flockenkleid über den Häuptern der 
armen Wanderer, so daß diese schneebedeckt und halb erstarrt 
aus dem Walde kamen. Nun führte der Pfad lange über 
einen kahlen Bergrücken hin. Die Nacht war allmählich 
auf leisen Fittichen vom Himmel herabgeschwebt, die Sterne 
funkelten am dunklen Firmamente gleich hellen Aeugelein, 
die mitleidsvoll auf die armen Erdenkinder hernieder¬ 
schauten. 
Es war gegen Mitternacht, als die Flüchtlinge beim 
Teichbauern anlangten. Der edelherzige Mann nahm die 
Unglücklichen gastfreundlich auf und versprach ihnen, gleich 
am andern Tage die Bauern in der Umgebung zur Linderung 
ihrer Not aufzufordern, was dem allgemein geachteten 
Manne nicht fehlschlagen konnte. Seine Trostworte richteten
	        
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