Volltext: Die Waise von Ybbsthal

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Ueberflusse schwelgten. Den Bauersleuten auf den einsamen 
Gehöften draußen gieng es aber noch weitaus am schlimmsten. 
Sie erhielten fast täglich von den in der Stadt einquar¬ 
tierten Soldaten Besuch, obwol sie ohnehin selbst Einquar¬ 
tierung hatten. Die übermütigen Feinde bedrängten mit 
ihren ungebührlichen Forderungen den armen Bauersmann 
oft so hart, daß er in der Verzweiflung sich zu Gewaltthaten 
hinreißen ließ, was natürlich die traurigsten Folgen für ihn 
hatte, denn das französische Militärgericht verhängte über 
einen solchen Unglücklichen nicht selten sogar die Todesstrafe. 
Derlei Maßregeln nährten und steigerten die Erbitterung 
der einheimischen Bevölkerung, und die Zahl der Ausschrei¬ 
tungen auf beiden Seiten mehrte sich in beklagenswerter 
Weise. 
Das eben ist auch eines von den vielen Uebeln des 
Krieges, daß die Menschen hartherzig und lieblos gegen 
einander werden, so daß in dem Kampfe um die Selbst¬ 
erhaltung nur zu oft die Leidenschaft an Stelle des Rechtes 
und der Billigkeit waltet. 
Ein Fall jedoch wurde unter anderen auch vor dem 
französischen Militärgerichte in Waidhofen verhandelt, der 
mit Recht allgemeines Aufsehen erregte und die Ehren¬ 
haftigkeit und Milde des Richters in ein überaus günstiges 
Licht stellte. Es traten bei dieser Gerichtsverhandlung zwei 
Personen auf, deren Schicksal hier auf einen merkwürdigen, 
entscheidenden Wendepunkt gebracht wurde. Es sollte sich 
da wieder einmal das alte Sprichwort bewahrheiten: Gottes 
Mühlen mahlen langsam, aber sicher. — Die zwei Per¬ 
sonen nun, um die es sich dahei handelte, waren Frau Wild 
und Luise, ihre Pflegetochter.
	        
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