Volltext: Linzer Hessen

Seit dem Beginne der flktion „Anna", also seit 14 Stun¬ 
den pfauchten die Beschösse wie wilde finden über die köpfe 
der abgespannten Mannschaft. 
Um 4 Ulir IS Minuten nachmittags sammeln die Italiener 
im gedeckten Baume vor der Lront neue Massen, Linzeln und 
in kleinsten Kruppen kuschen sie im vollen Laufe über den 
kurzen von uns gut eingefekenen pbtzang und verschwinden 
in ikrer Sturmstellung. 
Bie 6. Kompagnie meldet fleißig, tzervorragend tapfer 
flickt ikre wackere leleptzonpatrouille den immer wieder zer¬ 
schossenen Brakt. 
Bur S0 Schritte ist die Leitung lang und verbraucht so viel 
Kraft und Opfersinn. 
24 rote Leuchtraketen sind notwendig, aber dann setzt 
unsere Artillerie ein und der geplante feindliche Angriff wird 
erstickt. 
Ab S Utzr nachmittags ist das feindliche Artilleriefeuer 
mäßig und tobt nur als Sperrfeuer im Bückengelände weiter. 
Bie Bacht vom IS. auf den 10. gestattet die notdürftige 
Ausbesserung des Srabens. Bie Italiener bergen eilig die 
loten und Berwundeten. Boch auch diese bis zum watznsinn 
gesteigerte Bernichtungsorgie, wo der Senius der Menschtzeit 
sein sjaupt vertzüllte, durchbricht ein Stratzl echter Bächsten- 
liebe. 
Bie Italiener tragen für uns unerreichbare, knapp an 
itzrer Lront verblutende Landler sorgsam gegen unsere Linie 
und legen sie nieder. 
Bie liessen tun das gleiche — Kompensationsobjekte sind 
ja leider Bottes genug vortzanden. Mortlos erfolgt der Aus¬ 
tausch. 
Ber 16. und die Bacht auf den 1?. sind für uns erträglich. 
Zwei 2Zer-Zägerkompagnien treffen als Berstärkung ein. 
Am 17. Juni beginnt wiederum das Sperrfeuer lebtzast 
zu werden. 
Bie mit kleinkalibrigen Beschützen gespickte Maora über¬ 
schüttet den Braben mit den gefürchteten Tschin-Bums. Star¬ 
kes Sperrfeuer zerstört alle Berbindungen. Ls ist klar, der 
Leind tzolt zu einem neuen Schlage aus. 
In der Bacht vom 17. auf den 18. Juni erfolgt die Ab¬ 
lösung durch das 2. Baon der kaiserjäger Br. IV?) 
Um 12 Utzr nachts setzt starkes Leuer ein, das von Stunde 
zu Stunde tzeftiger wird. Trotz der beigestellten Lützrer ver¬ 
irren sich die Kaiserjägerkompagnien. Bie Spannung wird 
unerträglich. 
Mieder ist es der künentzaste starknervige Leutnant Bemele, 
der die Kaiserjäger auf den rechten Meg bringt und dadurch 
die Ablösung ermöglicht. Ber Jägerbaonskommandant sjaupt- 
mann v. lzafner wird von mir eingebend über die Lage auf¬ 
geklärt. „Stolz lieb' ich den Spanier" — dem kaiserjäger 
werden meine Batschläge zu viel... 
Um Z Utzr 30 Minuten frütz ist die entsetzliche Ablösung be¬ 
endet. Abgestumpft getzt es den Todesweg zurück nach Bofso 
del Line. Um 7 Utzr frütz verlasse auch ich mit fjauptmann 
Spazil, Oberleutnant Bauer und Leutnant Bemele diesen gro¬ 
ßen Zriedtzof. Boch am 18. Juni um 11 Utzr abends wird 
Lariri ausgepumpt erreicht. Soldatische Ltzrlichkeit gebietet 
auch der unverwüstlichen und tapferen Bosniaken zu ge¬ 
denken, voran der tzeldenmütigen 3/2?. Marschkompagnie des 
bosnisttz-tzerzegowinifchen Infanterieregiments 2, die — otzne 
selbst zum Kampfe eingesetzt zu werden — Munition, fjanö- 
granaten und technisches Material durch das fjöllenfeuer in 
benachbarte Abschnitte trug. 
Her königlich-italienische Capitano Bottore Amadea Tost! ssictze 
Seite 21?) bezeichnet die Zeit vom 13. bis IS. Zuni als jene, ..wo 
die Kämpfe die tzöchste Intensität erreichten." 
18. Juni, was nützt ein selbst totenätznlicher Schlaf — um 
10 Utzr vormittags weckt uns ein fjöllenlörm. Lliegerangriff 
— 1? Apparate in der Lust — acht Lliegerkämpfe. Bie tzerab- 
sausenden Bomben krachen zwar mörderisch, verfetzlen aber 
itzr Ziel. In Unmengen abgeworfene Llugzettel des Leindes 
besagen: „wer den 18. und 18. Juni überstetzt, erlebt das 
knde des Krieges". Bie lieben katzinger stelzen doch bei jeder 
Belegentzeit auf dem kottzurn. 
Ins Mark trifft mich der telegraptzische Besetz!: „Bas Baon 
ist sofort zu alarmieren und marschiert nach Bosso del Line!" 
Ber fürchterliche Meg, obwotzl wir erst zwölf Stunden 
in Lariri geweilt, muß noch einmal gemacht werden. 
Ba ist in der Lront ein Unglück geschetzen, sonst tzätte man 
das todmüde verblutete Baon nicht unmittelbar nach dem 
Beginne der krtzolung zurückbefotzlen. 
Bach der Menage, um 2 Utzr 30 Minuten nachmittags, 
wird der schwere weg, nach einer Ansprache an die Mann¬ 
schaft angetreten. Jeder muß das letzte tzergeben; das neuer¬ 
liche kjineinwerfen der dem Umfallen natzen Iruppe in die 
nun bekannte kjölle ist eine enorme Belastung der Bis- 
ziplin. Bie liessen tzaben auch diese schwerste Probe der 
Manneszucht bestanden. 
In Beitzen, bei Beobachtung aller möglichen Marsch¬ 
erleichterungen, getzt es an einem 30.5-Zentimeter-Mörser vor¬ 
bei auf den kempelrücken. 
wie ein Wickelkind winselnd schrauben sich die Biesen¬ 
geschosse des Mörsers durch die Lust. Ber Italiener antwortet 
prompt mit drei 28-Zentimeter-Branaten. Um 4 Utzr 30 Minu¬ 
ten nachmittags, dem Baone vorauseilend, treffe ich beim 
6. Bivisionskommando wieder ein. 
Bie am Wege getzörten abenteuerlichen Berüchte werden 
richtiggestellt. Boch es stetzt schlimm. 
Mein Ablöser sjauptmann v. sjafner, mit den Besten des 
2. Baons des 4. Kaiserjägerregiments ist gefangen. Bie an¬ 
schließenden drei Kompagnien des eigenen 3. Baons, im 
Bücken gefaßt, erlitten dasselbe Schicksal. Massentzaft zu Luß 
und mit Autos zurückströmende Berwundete, meistens vom 
4. Baon, erzätzlen erschütternde kinzeltzeiten. M Brigade¬ 
reserve von schweren Minen gefaßt, wurden zwei liesfen- 
kompagnien vernichtet. Meine Leute treffen gegen Abend 
ein und finden nur teilweise in den Baracken von Lampo 
Ballina Unterkunft. 
wir bleiben vorläufig Bivisionsreserve, aber das ist ein 
Zitterdasein. Lrische Iruppen, kaiserschützen zietzen vorbei, 
krzellenz Mecenseffg frägt mich unter vier Augen, auf ktzre 
und Bewissen um die Berfassung des Baons. 
Ich melde: „wir getzen wieder in die Lront und werden 
unseren Mann stellen, aber ein paar läge Butze muß die 
Mannschaft tzaben. Bie Kämpfe vom 11. bis 1?. Juni und der 
sjin- und liermarfch von Porta Lepozze nach Lariri innertzalb 
24 Stunden, waren ein starker Tabak!" 
Bach einigen bangen Sekunden entscheidet der im fjerzens- 
grunde gütige Lrzellenztzerr: „2/14 bleibt und das 1. Baon 
kaiserschützen 1 wird für das einsetzen bereitgestellt." 
Man lebt im Kriege von einem lag aus den andern; die 
gegönnte Lrtzolung war tzöchst notwendig. Unser Oberarzt 
Br. Strauß tzat alle lzände voll zu tun, doch seine kräftigen 
Sprüchlein tzelsen metzr als der Medizinkasten. 
Ber 20. und 21. Juni vergetzen, die Trümmer des Begi- 
ments werden beim Bivisionskommando gesammelt. Bas 
Baon ist arg zusammengeschmolzen. 
Bie 5. Kompagnie zätzlt 3 Offiziere, SO Mann, 
die S. Kompagnie zätzlt 4 Offiziere, 118 Mann, 
die 7. Kompagnie zätzlt 2 Offiziere, 77 Mann, 
die 8. Kompagnie finklusioe Sturmzug) 4 Offiziere, 83 
Mann und die Maschinengewetzrkompagnie II, 8 Bewetzre, 
1 Offizier und S8 Mann. 
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