Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

' 
158 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
eine einzige deutsche, und die war nachdem 
Völkerrecht bereits durch die automatische 
Verrieglung unschädlich, während die 
neutralen Seefahrer von den englischen, 
französischen und russischen zu ihrem Leid 
wesen gerade das Gegenteil erfahren 
mutzten. 
Die Gewehre der 
europäischen Machte^). 
3. Von Dreyse über Mauser zu Mann 
licher. 
Von Major a. D. Schmäht. 
(Hierzu die beiden Zeichnungen Seite 160.) 
Das Zündnadelgewehr von Dreyse 
hatte, wie wir sahen, drei grotze Fort 
schritte gebracht: Hinterladung, Einheits 
patrone — das heißt Geschoß, Pulver 
und Zündmittel vereinigt — und sichere 
Eeschotzführung. Die letztere war eigen 
artig und glich weder einer vorhergehen 
den noch einer neueren: das „Langblei" 
(b), dem man die sozusagen organische 
Entwicklungsstufe von der Kugel zum 
heutigen Spitzgeschotz ansieht, kam mit 
der gezogenen Laufseele gar nicht in Be 
rührung. Es saß in einem aus gepreß 
tem Papier hergestellten „Spiegel" (c). 
Dieser war durch die „Pression" gezwun 
gen, der Drehung der Züge zu folgen, 
und nahm das fest von ihm umschlossene 
Langblei mit in die Drehung. Außer 
halb der Mündung fiel er zu Bodens 
das Langblei aber behielt seine Drehung 
um die Längsachse bei. 
Von 1841 bis 1871 machte das Gewehr 
eine ganze Reihe von Verbesserungen 
durch, die'in der Patrone und dem 
Visier gipfelten. Die verbesserte Patrone 
(B) zeigt ein leichteres, schlankeres Ge 
schoß, das so eine Anfangsgeschwindig 
keit von 341 Meter, statt der bisherigen 
285 Meter, bekam und einen besseren 
Easabschluß durch eine geölte Tuchein 
lage im doppelten Boden (k) der Pa 
pierhülse. 
Während für die kurzen Schußweiten 
des glatten Vorderladers bei dem da 
maligen Massenfeuer einfach der „wag 
rechte Anschlag" ohne Visiereinrichtung 
genügt hatte, mußte der größeren Trag 
weite und Treffgenauigkeit nunmehr durch 
*) Siehe auch unsere Aufsähe S. 20 u. 99. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
159 
fl 
m 
- - - 
WOf 
■ ' 
■ , : 
‘ 9 . * 'V " VJSN'. 
! % 
ifSS 
Die Mine im modernen Seekrieg, seiner Originalzsichnung von G. Martin. 
1. Das englische Minenschiff „Jphigenia" beim Legen von Treibminen. 2. Die deren Minenleger „Nautilus", „Albatros" und „Pelikan". 3. Die Sperrminenanlage. 
Deutsches Unterseeboot. 
verschieden hohe Visiere Rechnung ge 
tragen werden. Da das Korn auf 
der Mündung immer gleich hoch bleibt, 
wird der Höhenwinkel, den die Seelen 
achse der Waffe zu der Visierlinie bil 
det, um so größer, je höher die Visier 
kimme kommt. Unter Visierlinie versteht 
man die gerade Linie vom Auge des 
Schützen über die Kimme — den drei 
eckigen Ausschnitt im Visier — und die 
Kornspitze nach dem Ziel. Diese Linie zu 
bilden, nennt man zielen. Je größer 
der genannte Winkel wird, desto weiter 
geht der Schuß. Das Visier des Zünd 
nadelgewehrs ist sehr einfach: bis 
350 Schritt blieb die kleine Klappe (b) 
rückwärts und die große Klappe (c) 
vorwärts liegen. In unserem Bilde 
ist o hochgeklappt, wie es zum Schießen 
über 550 Schritt nötig war. Richt 
so einfach war der Gebrauch für den 
Schützen, weil für die Zwischenent 
fernungen verschiedene Haltepunkte 
der Kimmen auf vier brachte, eine voll 
befriedigende Lösung aber erst dem Rtcht- 
bogenvisier des Gewehrs 98 mit nur 
einer Kimme und völlig freier Übersicht 
verdankt wurde. 
Das Gewehr 71 zeigt den Vorteil, 
daß sich beim Öffnen die Schlagfeder von 
selbst spannt. Das Geschoß, gleich dem 
des Chassepot 11 Millimeter stark und 
walzenförmig mit rundem Kopf, über 
nimmt die Führung selbst, ohne Spiegel. 
Den größten Fortschritt aber brachte 
die schon im nordamerikanischen Kriege 
(1861—1865) entstandene Metallpatrone. 
Sie ist das Ei des Kolumbus, denn die 
schwierige Aufgabe, einen gasdichten Ge 
wehrverschluß herzustellen, wird über 
flüssig dadurch, daß die Patrone eine 
gasdichte Hülse aus Messing bekommt. 
Damit wurde gleichzeitig unter anderem, 
die Aufbewahrung und Verpackung sowie 
das Laden sicherer. Die kleinere Seelen 
weite bewirkte durch Leichterwerden des 
Geschosses eine größere.Anfangsgeschwin 
digkeit (430 Meter) mit all ihren schon 
erwähnten Folgeerscheinungen, besonders 
der flacheren Flugbahn mit ihrer größeren 
Treffwahrscheinlichkeit. Die Zahl der 
gezielten Schüsse in der Minute stieg 
auf zwölf gegenüber fünf bei M/41. 
Das Gewicht des Gewehrs sank von 
5 Kilogramm auf 4,5 Kilogramm, kurz, 
das Gewehr war vorzüglich für seine 
Zeit. In der Anfangsgeschwindigkeit 
hatte es das Chassepot (420 Meter) zwar 
nur wenig, in allen übrigen Beziehungen 
aber weit überholt. 
Auch die übrigen Staaten, die zum 
Teil nach den Schnelligkeitsleistungen 
des Zündnadelgewehrs im Feldzuge 1866 
rasch ihre Vorderlader nach dem Klappen 
system in Hinterlader umgewandelt hat 
ten, ebenfalls mit der Metallpatrone, im 
Gegensatz zum Chassepot, das die Pa 
pierpatrone beibehalten hatte, bewaffneten 
fast alle ihr Fußvolk in den Jahren vor 
und nach 1870 neu. So entstanden in 
Österreich das Werndl 67, in Bayern 
Werder 69, Italien Vetterli 70, Eng 
land Henry-Martini 71, Niederlande 
Beaumont 71, Rußland Berdan71. Frank 
reich folgte mit dem Grasgewehr 74, das 
dem deutschen 71 ähnlich war. 
Aber bald wollte man für entscheidende 
Augenblicke noch rascher.feuern können 
und griff dazu auf den uralten Gedanken 
genommen werden mußten. Auch war 
das Zielen durch die beiden Schlitze vi 
und 62 nicht so leicht. 
Hatten schon die erwähnten fort 
gesetzten Verbesserungen des Zünd 
nadelgewehrs eine Schieberklappe bis 
zu 1200 Meter gebracht, so zeigt das 
Visier des Mausergewehrs, das als 
M/71 im Jahre 1872 eingeführt wurde, 
uui nicht von den Nachbarstaaten über 
holt zu werden, eine Ausdehnung bis 
zu 1600 Meter, damit aber auch den 
Höhepunkt der Unbequemlichkeit für 
den Schützen, für den einschließlich 
Standvisier und kleiner Klappe sechs 
Visierkimmen zur Auswahl standen, 
davon drei in Schlitzen mit sehr be 
schränktem Gesichtsfeld. Wir verlassen 
diese Betrachtung der Visiere end 
gültig mit dem vorausgreifenden Hin 
weise darauf, daß das Gewehr 88, trotz 
der Ausdehnung auf 2050 Meter, eine 
Vereinfachung durch Verminderung 
Ein Torpedo verläßt das Ausstoßrohr. 
Phot. Gebr. Haeckel, Berlin.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.