Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Siebenter Band. (Siebenter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
Französische Fliegerbombe 
Ln der 
Sei es, daß man Rußlands jahr 
hundertalte Gegnerschaft gegen 
die Donaumonarchie schürte und 
stärkte, wo man nur konnte, sei es, 
daß man den k. u. k. Plänen am 
Balkan neue Störer erweckte, sei 
es, daß die Rückversicherung, die 
einst das zum Zweibunde tretende 
Italien um seiner gefährdeten 
Küsten willen mit England abge 
schlossen hatte, am 29. April 1909 
zu Baja erneuert ward — überall 
spürte Wien die Minen Londons. 
Überaus bezeichnend hierfür war 
die Haltung des Petersburger 
Botschafters Sir Arthur Nicolson 
während und nach der Annerions- 
krise. Hatte er vor der russischen 
Zustimmung zur Einverleibung 
Bosniens seine Aufgabe darin 
erblickt, den Konflikt nach Kräften 
zu verschärfen, so suchte er nach 
dem diplomatischen Siege des 
Botschafters Grafen Pourtalös 
seine Regierung von einem et 
waigen Einverständnis abzuhalten. 
So war er der Urheber des Hetz 
märchens von einem heftigen Auf 
tritte des deutschen Botschafters 
mit dem russischen Minister des 
Äußern; und so machte er seinem 
Unmut über die friedliche Lösung 
des Streites Luft durch ernste Vor 
würfe gegen den „voreiligen" Js- 
wolski. Sir Edward Erey war 
jedenfalls durch Ricolsons Peters 
burger Berichte so eingenommen, daß er es — gegenüber 
dem russischen Geschäftsträger Poklewski-Koziell — offen 
bedauerte, nicht durch einen Krieg an Rußlands Seite 
Deutschland und Österreich-Ungarn habe strafen können. 
Run, Erey hatte schließlich die Genugtuung, die Waffen 
doch noch ergreifen zu „müssen" — für die Rettung des 
meuchelmörderischen Serbiens! Und im Rahmen seiner 
umfassenden Pläne, der Donaumonarchie den Gnadenstoß 
zu versetzen, spielt die an allerhand Zwischenfällen so reiche 
Expedition nach Saloniki nicht die geringste Rolle. Wie 
sich Großbritannien von der Halbinsel Gallipoli zurückzog, 
als es die Unmöglichkeit einer Bezwingung der Dardanellen 
eingesehen hatte, so würde es längst auch das mazedonische 
Abenteuer aufgegeben haben (sein vormaliger Beschützer 
Briand braucht ja nicht mehr geschont zu werden), wenn es 
nicht mit seiner bekannten Zähigkeit hoffte, dort noch einmal 
den ägäischen Absichten Österreich-Ungarns ein Paroli zu 
bieten. Die Italiener sollen, das ist seine Order, der k u k. 
Marine die Straße von Otranto verschließen, und die 
andere Zugangstraße zum Mittelmeer, eben den Landweg 
„au delä de Mitrovitza“ nach Saloniki, wollen die Briten 
selber verrammeln. Damit aber wird Großbritannien zum 
Todfeinde der Donaumonarchie, und sein Niederringen liegt, 
wie es das vornehmste Kriegsziel Deutschlands ist, durchaus 
auch im Lebensinteresse Österreich-Ungarns. 
Die Schlacht bei Arras. 
Von Kriegsberichterstatter Eugen Kalkschmidi. 
Am ersten Ostertage, dem 9. April 1917, blieben die 
feiertäglichen Spaziergänger länger als sonst vor dem ange 
schlagenen Heeresbericht stehen: „Seit heute vormittag ist 
nach mehrstündigem stärkstem Trommelfeuer die Schlacht 
bei Arras im Gange," verkündete Ludendorff. Ein jeder, 
der es las, fühlte, daß mit diesem Tage der Weltkrieg des 
Jahres 1917 begonnen hatte, ehernen Schrittes seinem 
Gipfel zuzustreben, dem Gipfel und — vielleicht — auch 
der anerkannten Entscheidung. 
Die Vorboten der Offensive waren längst da. Die 
Engländer hatten zwar zustächst» ebenso wie die Franzosen, 
ihr Artilleriefeuer an ganz-verschiedenen Stellen der ,Front 
entfacht, um möglichst lange über die geplante Durchbruch 
stelle Ungewißheit bestehen zu lassen. Aber bald nachdem 
sie die Räumung des deutschen 
Frontbogens erkannt hatten, faß 
ten sie ihre dort frei gewordenen 
Kampfmittel im Raume zwischen 
Arras und Lens zusammen. Ende 
März wuchs der Artilleriekampf 
beträchtlich, vom 4. April ab lag 
die deutsche Front von Angres 
bis Reuville-Vitasse, südlich von 
der Straße, unter planmäßigem 
Zerstörungsfeuer aller Kaliber. 
Die Jnfanteriepatrouillen mehr 
ten sich, die englischen Flieger der 
gesamten britischen Armee schie 
nen sich über diesem Abschnitt 
etwa 25 Kilometern ein Stell 
dichein gegeben zu haben und er 
schienen bei jedem Flugwetter in 
dichten Geschwadern über unse 
ren Linien. 
Am 7. und 8. April wurde die 
Feuerzone erweitert; das Hinter 
gelände kam daran. Unsere Bat 
teriestellungen wurden planmäßig 
einzeln beschossen. Stärkere Pa 
trouillenvorstöße, die den Zustand 
unserer Gräben erkunden sollten, 
wurden abgewehrt. Am Nach 
mittag des 8. Aprils loderte das 
Artilleriegefe cht erneut auf, schwoll 
zeitweilig zum Trommelfeuer an 
und dauerte die ganze Nacht über. 
Zahlreiche Easgeschosse gingen auf 
unsere Batteriestellungen nieder. 
Am 9. früh fünf Uhr dreißig Mi 
nuten setzte mit einem Schlage 
stärkstes Trommelfeuer auf unsere Infanteriestellungen ein; 
um sieben Uhr erfolgte der Sturmangriff auf der ganzen 
Front von Eivenchy bis gegen Neuville-Vitasse. 
Es gelang dem Feinde, an einzelnen Stellen, einzu 
dringen, abzuschwenken und derart von den noch un 
erschütterten Abschnitten Teile von hinten her zu umfassen. 
Die Engländer griffen, ihrer Gewohnheit gemäß, in dichten 
Massen an, indem sie, gedeckt durch ihre langsam vorrückende 
Feuerwand von Granaten, Nebelbomben, Staub und 
Pulverqualm, das Trichterfeld der vollkommen zerschossenen 
ersten Stellung gemächlich überquerten. Sie waren dann 
meist sehr erstaunt, in dieser Zone der vollkommenen Ver 
wüstung noch auf Widerstand zu stoßen. Es gab aber 
trotz des Feuerhagels überall noch entschlossene deutsche Ab 
teilungen genug, die durch ihre Gegenwehr dem Feinde die 
ernstesten Verluste beibrachten. Die englischen Offiziere, 
die den Angriff zu Pferde einleiteten, gaben diesen Sport 
bald auf, als sie merkten, daß keineswegs alle deutschen 
Maschinengewehre verschüttet waren. Am Abend des 
Tages hatte der Feind immerhin einen Eeländegewinn zu 
verzeichnen, der in wechselnder Tiefe drei bis vier Kilometer 
betrug und im wesentlichen die Feuerzone im östlichen 
Halbkreise um Arras umfaßte. 
Damit war freilich auch der Haupterfolg der ganzen 
Arrasschlacht auf Wochen hinaus beschlossen. Denn den 
zweiten Gewinn- die Verlegung unserer Verteidigung im 
Nordflügel auf die Linie Avion, Acheville, Oppy, Eavrelle, 
räumten wir bis zum Morgen des 13. Aprils freiwillig 
und wenig behelligt vom Gegner. Die Schlacht trat nun 
in ihren zweiten Abschnitt, wo der deutsche Widerstand 
äußerst kräftig begann und das Geheimnis der „elastischen 
Hindenburglinie", von der die Gegner so viel fabeln, sehr 
unangenehm fühlbar wurde. 
In der Nacht zum 10. April begnügte sich die feindliche 
Artillerie mit Feuerüberfällen und lebhaftem Streufeuer, 
am folgenden Tage erneuerten sich die Infanterie angriffe 
besonders südlich von der Scarpe, gegen den Abschnitt 
Monchy—Roeur. Sie wurden zum Teil sehr blutig ab 
geschlagen oder erstickt. Englische Kavallerie, die südlich von 
der Straße Arras—Cambrai zum Nachstoßen bereit stand, 
wurde übel zugerichtet. In der Nacht zum 11. gesteigerte 
Artillerietätigkeit, am Tage Angriffe beiderseits der Scarpe 
bis gegen Bulle court. Hier traten auch die vielgerühmten 
Tanks ins Gefecht, mit dem Erfolge, daß von den zwölfen
	        
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