Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
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Versenkung eines französischen U-Bootes durch ein österreichisch-ungarisches Lauchvvot am 20. September 1918 nördlich von ^uva-zo. 
Nach einer Originalzeichnung von Paul Wallat. 
„Also es geht?" fragte Schröter, der selbst nichts zu 
sehen bekam und daher doppelt neugierig war. 
„Gleich wird sick/s entscheiden." Damit mutzte er sich 
begnügen. 
Schon eine halbe Minute später stand der Kommandant 
wieder am Sehrohr. Alle Vorbereitungen waren ge 
troffen. Wenn von hier aus der Torpedo sein Ziel erreichen 
sollte, mutzte ihn allerdings die Göttin Fortuna geleiten. 
Noch näher heranzugehen, wäre allzu verwegen gewesen. 
Und jetzt war es so weit. Im Vertrauen aus die 
Nichtigkeit der eigenen Berechnungen und auf das genaue 
Arbeiten der in einem Torpedo wirkenden Kräfte erfolgte 
der Befehl: „Los!" Gleich danach „Auf zwanzig Meter- 
gehen!" Auch wenn der Feind die Laufbahn des schwim- 
menden Geschosses erkannte, sollte es ihm nicht gelingen, 
den Angreifer aufzuspüren. Mit halber Kraft liefe der 
Kommandant auf den Hinteren Kohlendampfer zu halten, 
um,' wenn soweit alles nach Wunsch ging, bei diesem seine 
Tätigkeit fortzusetzen. 
Die verschiedenen Manöver erforderten volle Anfmerk- 
hältern; fast mit der Schnelligkeit eines Fahrstuhles stieg 
das Boot in die Höhe. Als es noch ein gutes Stück von der 
Oberfläche entfernt war, tauchte die Spitze des vollständig 
ausgefahrenen Sehrohres schon aus dem Wasser. Unten 
starrte Oberleutnant Dühring wie gebannt auf die Gläser, 
die ihm die Oberwelt widerspiegeln sollten. Fast ohne 
Übergang hatte er sie vor Augen. Hier war ein Kohlen 
dampfer, dort der andere, im Hintergrund der Segler, 
aber wo war der'Zerstörer geblieben? Konnte der mit 
solcher Schnelligkeit gesunken sein? Kaum zu glauben, 
und doch! Beide Dampfer änderten den Kurs und fuhren 
auf die gleiche Stelle zu; dort wurden — das jetzt hoch 
aus dem Wasser ragende Sehrohr ließ schon vor dem nun 
befohlenen vollständigen Auftauchen alle Einzelheiten deut 
lich erkennen — Rettungsbojen über Bord geworfen. 
Also war dies die Unglückstelle. Noch nicht zwei Minuten 
waren nach der Erplosion vergangen. Wie verheerend 
mutzte sie gewirkt haben! 
- Sobald die Turmfenster nicht mehr vom grünen Wasser 
umspült wurden, lietz der Kommandant das Luk aufschrauben 
war sich der auf ihm ruhenden Verantwortung für das 
ihm anvertraute Schiff und all die jungen Menschenleben, 
deren Wohl und Wehe von seinen Befehlen abhing, voll 
bewußt, das zeigte sein ernster, entschlossener Eesichts- 
ausdruck. Mit unerschütterlicher Ruhe verfolgte er den 
Sekundenzeiger seiner Uhr, nach dem er die durchlaufene 
Strecke abschätzte. Unendlich langsam schien er sich im 
Kreise zu drehen, denn mit Riesenschritten eilten ihm die 
Gedanken voraus. 
Jetzt war ein Blick durch das Sehrohr nicht länger zu 
entbehren. Vorsichtig lietz er es ausfahren. Nur sekunden 
lang ragte die Spitze über die Oberfläche, aber das genügte 
bei der geringen Entfernung, die jetzt die Schiffe trennte. 
Ein schneller Rundblick zeigte das erwartete Bild. 
„Alles nach Wunsch," kam es in zuversichtlichern, festem 
Ton aus seinem Munde. „Ein Segen, datz die Wasser 
fläche bewegt ist. Ohne diese netten hüpfenden Wellchen, 
die nichts genau erkennen lassen, wäre hier nichts zu machen." 
samkeit, und doch verfolgte jeder im Geist den Torpedo, 
von dem alles weitere abhing. Der zu durchlaufenden 
Strecke entsprechend dauerte es diesmal länger als sonst, 
bis die Entscheidung: Treffer oder Fehlschutz, fallen konnte; 
aber wie lange erschienen bei solchem Warten zwanzig 
Sekunden! 
Schon prägte sich in dem frischen, jugendlichen Ge 
sicht des Leutnants Walborg, der in Erwartung weiterer 
Taten bei dem zweiten Rohr stand, schmerzliche Enttäu 
schung aus, und auch das Gesicht des Kommandanten be 
gann, sich in die Länge zu ziehen, als endlich die erlösende, 
volle Gewißheit bringende Erschütterung erfolgte, und zwar 
so heftig, als ob der Schutz aus ganz geringer Entfernung 
abgegeben worden wäre. Tatsächlich befand man sich ja 
jetzt infolge des eingeschlagenen Kurses näher bei ker 
Schiffsgruppe, deren vorderstes Glied nun hoffentlich 
kampfunfähig gemacht worden war. 
Preßluft drängte das Wasser mit Zischen aus den Be-
	        
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