Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

184 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
gefährdet werden sollte. Die Ergänzung der durch große 
Verluste geschwächten Truppen stellte die amerikanische 
Heeresleitung vor schwierige Aufgaben. Diese Verluste 
wurden im Lande bekannt und trugen zur Verstärkung 
der Abneigung der wehrpflichtigen Amerikaner gegen den 
Heeresdienst bei. In Neuyork besetzten eines Tages früh 
Soldaten die Züge der Untergrundbahn und andere Ver 
kehrseinrichtungen, um nach Drückebergern zu fahnden; 
sämtliche Männer, die keinen militärischen Ausweis bei 
sich hatten, wurden verhaftet. Es waren 30000 Per 
sonen. Die amerikanischen Behörden waren nicht wähle 
risch bei der Einziehung der jungen Leute. Handelte es 
sich bei den Aufgegriffenen um Angehörige neutraler 
Staaten oder hatten sie gar deutsche Väter, dann sparte 
man nicht mit unerfreulichen Nachhilfen, um sie für den 
Heeresdienst zu gewinnen; das amerikanische Bürgerrecht 
wurde freigebig verliehen. Schlimm erging es im freien 
Amerika denen, die vom Frieden sprachen. Sie mutzten 
entgegenzuwirken. In England tat dies bereits der Ar 
beiterführer Havelock Wilson. Diese beiden und der zum 
Frieden geneigte ehemalige englische Minister Henderson 
hielten vor der Kongretzversammlung Reden, wobei Hender 
son siegte. Der von ihm vorgeschlagene Beschlutz fand die 
Zustimmung der Mehrheit der Arbeitervertreter. Dieser 
Friedensbeschlutz sah aber etwas merkwürdig aus, denn 
er verlangte von den'Mittelmächten, sie sollten Belgien und 
Frankreich vor Beginn der Verhandlungen räumen, und 
wünschte auch eine internationale Lösung der elsatz-lothrin- 
gischen Frage. Es stand für die Friedensbereiten fest, datz 
die beiden deutschen Provinzen den Franzosen zufallen 
mützten. 
Um die gleiche Zeit zog Lloyd George im Lande um 
her und hielt Brandreden, in denen er in hochtönenden 
Worten die letzten Erfolge der Verbandsheere feierte und 
den Endsieg in sichere Aussicht stellte. Da konnte es nicht 
wundernehmen, datz die Friedensgeneigtheit der Mittel- 
jjiiiipiiM» 
Englischer Küstenschoner wird von deutschen Luftstreitkräften an der englischen Küste angehalten und versenkt. 
Nach einer Originalzeichnung von Paul Teschinsky 
froh sein, wenn sie vor einen ordentlichen Richter kamen 
und nicht gelyncht wurden, was die Billigung der Regie 
rung einschließlich Wilsons fand. 
Tie Regierung der Vereinigter: Staaten trat noch im 
mer für die Fortsetzung des Krieges bis zur völligen Nieder 
werfung der Mittelmächte ein. In Frankreich wetterte 
Elemenceau gegen den Frieden, obwohl ihn die französi 
schen Arbeiter um den Abgeordneten Longuet wünschten. 
Auch die Mehrzahl der englischen Arbeiter wollte die Be 
endigung des nutzlosen Blutvergießens und erstrebte eine 
neue Aussprache der Sozialisten der kriegführenden Länder, 
und zwar auch der Arbeiterführer der Mittelmächte, um den 
Weltkrieg dem Ende näher zu bringen. 
Der Anfang September in Derby tagende englische Ge 
werkschaftskongreß befaßte sich ebenfalls mit der Friedens 
frage, wobei die Meinungen aufeinanderprallten. Die 
K,iegsheherunterstützteder amerikanische Gewerkschaftsführer 
Ecmpers, der mit dem Präsidenten Wilson in Verbindung 
stand und mit dem Aufträge nach England gekommen war, 
der Friedenströmung innerhalb der englischen Arbeiterschaft 
mächte, die in der Rede Dr. Solfs, in Aufrufen Hindenburgs, 
Meinungsäußerungen des Deutschen Kronprinzen gegen 
über einem österreichisch-ungarischen Berichterstatter, einer 
Rede des Deutschen Kaisers vor den Arbeitern der Krupp 
schen Werkstätten (siehe die Kunstbeilage), einer Rede des 
Stellvertreters des deutschen Reichskanzlers v. Payer und 
sonstigen Äußerungen bekannter Persönlichkeiten zum Aus 
druck kam, als Zeichen der Schwäche ausgelegt wurde. 
Diese Ungunst der Stimmung in den feindlichen Län 
dern hinderte aber die österreichisch-ungarische Regierung 
nicht, einen neuen Schritt zum Frieden zu tun. Sie richtete 
am 14. September an alle kriegführenden Mächte, also 
auch an ihre Verbündeten, sowie an die Neutralen, eine 
Note, worin sie vorschlug, in ein neutrales Land Betreten 
sämtlicher am Kriege beteiligten Länder zu einer Aussprache 
über die Grundlagen des Friedens zu senden. Während 
dieser vertraulichen und unverbindlichen Besprechungen 
brauchten die Kriegshandlungen nach der Meinung der k. u. 
k. Regierung nicht abgebrochen zu werden. Für die Frie 
densbereitschaft des Vierbundes lag nun ein neuer Beweis
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.