Die Geschichte des Weltkrieges 1914/18
(Fortsetzung.!
An der Westfront brachte der dritte Tag des feind
lichen Angriffstotzes zwischen Ancre und Avre eine Aus
dehnung der Kampffront nach Süden bis zur Oise (siehe
die Karte Seite 114), jedoch entwickelte der Feind im nörd
lichen Teil, zwischen Ancre und Somme, nicht mehr die alte
Stoßkraft. Seine Angriffe brachen hier bereits vor den
Linien der Armee v. der Marwitz (siehe Bild in Band V
Seite 317) zusammen. Wieder wurden zahlreiche Panzer
wagen (siehe Bild Seite 114) getroffen und brannten mit
weithin leuchtender Stichflamme aus, während die feind
liche Infanterie nicht mehr recht folgte. Hart südlich der
Somme blieben die Engländer nach ihrem Mißerfolg am
9. August ruhig, weiter südlich stürmten sie jedoch mit
starken Kräften gegen die deutschen Linien vor.
Den Hauptsturm richteten sie gegen die Front zwischen
Lihons und der Avre (siehe untenstehendes Bild). Die hier
vorgehende englische Infanterie geriet immer wieder in das
Maschinengewehrflankenfeuer kleiner versteckter deutscher
Abteilungen. Bor allem aber waren es die auch in diesem
trotz größter Kraftanspannung die neue deutsche Kampf
linie östlich von Montdidier nicht erreichen, da die Maschinen
gewehre der zurückgelassenen deutschen Nachhuten breite
Lücken in die Reihen der Stürmenden rissen und deren
Verluste ins Ungemessene steigerten.
Der 11. August bewies noch mehr als der vorhergehende
Tag» daß der Angriffsgeist unvermindert in der deutschen
Infanterie fortlebte. Er zeigte sich besonders in den er
bitterten Gegenstößen im Raume südlich der Somme, vor
allem bei der Stadt Lihons, über die hinaus der Feind nach
Osten vorgestoßen war, auf deren Nord- und Ostrand er
jedoch im Gegenangriff wieder zurückgeworfen wurde.
Auch südlich von Ehaulnes (siehe Bild Seite 118) setzte ein
prächtig durchgeführter Angriff die Deutschen wieder in den
Besitz eines von den Engländern getrommenen Ortes.
Diese mußten Hallu in Unordnung räumen und sich bis auf
Ehilly zurückziehen.
Bis zum Mittag hatte der Feind nicht weniger als elf
englische und eine amerikanische Infanteriedivision, dazu
drei englische Kavalleriedivisionen, das heißt die gesamte
englische Kavallerie, zwanzig französische Infanterie- und
eine französische Kavalleriedivision ins Gefecht gebracht.
Der Hauptanteil an den Kämpfen ging allmählich von den
Engländern auf die Franzosen über, denen das Anrennen
gegen die Front bei Montdidier zufiel. Hier hatte General
v. Hutier (siehe Bild in Band VII, Seite 259) die Linie
Laboissiere—Hainvillers—Ricguebourg—Mare st eingenom
men, auf die sich unter Kampf auch die deutschen Nach
huten zurückgezogen hatten. In gut gewählten Stellungen
erwartete er die durch die Gefechte mit den geschickt aus
weichenden Nachhuten geschwächten Franzosen, die den von
starken Tankgeschwadern begleiteten Sturmwellen einen
großen Teil ihrer Artillerie als Stoßbatterien folgen ließen.
Die deutsche Infanterie und Artillerie schoß sie jedoch vor
ihren Linien zusammen. Trotzdem wiederholte der Feind,
dessen Verluste besonders bei Tilloloy (stehe Bild Seite 115)
außerordentlich schwer waren, seine heftigen Angriffe bis
zum Einbruch der Dunkelheit, jedoch ohne damit einen
Erfolg zu erzielen.
Die durch die Kämpfe der Vortage stark gelichteten
Kampfraum in Massen eingesetzten feindlichen Sturmwagen,
in deren Bekämpfung die unerschütterlich ausharrende
deutsche Infanterie Ruhmwürdiges leistete. Sie zog beim
Herannahen der Ungetüme eiligst Gurte mit Panzermuni
tion in die Maschinengewehre. Dröhnend prasselte der
Eisenregen gegen die Stahlwände. Zusammengebundene
Handgranaten wurden unter die einherbrausenden Tanke
geschleudert, die dann plötzlich erzitternd und fauchend
stehen blieben und aus ihren Öffnungen schreiende, rauch
geschwärzte und halbverbrannte Gestalten hinausließen
(siehe Bild Seite 116/117). Der ungebrochenen Wider
standskraft der heldenmütigen deutschen Erabenbesatzungen
ist es in erster Linie zu danken, daß der mit großen Mit
teln unternommene Angriff nicht zum Ziele kam. Vielfach
brach auch der feindliche Ansturm im Flachfeuer der schweren
deutschen Artillerie zusammen, deren Geschosse in dichte
Massen von Menschen und Pferden schlugen.
Südlich der Avre richtete sich der feindliche Vorstoß
nach starker Artillerievorbereitung gegen die geräumten
deutschen Stellungen von Montdidier bis Antheuil an der
Bahn von Roye nach Compisgne» jedoch konnte der Feind
Phot. Max Wipperling, Elberfeld.
Zerstörte Ölmühle im Avrekal.
IX. Band.
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