Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
während der Nacht den Rest des preisgegebenen Gebietes 
wieder ein. Südlich der Avre litten die französischen Vor 
stöße ganz außerordentlich unter dem deutschen Maschinen 
gewehrfeuer; ebenso wirkte die deutsche Artillerie erneut 
mit so ausgezeichneter Treffsicherheit, daß die Infanterie 
nur gelegentlich und überall siegreich ins Gefecht kam. 
Während die französische Heeresleitung auf unbedingte 
Fortsetzung der Angriffe an der Westfront drängte und auch 
ihre Truppen rücksichtslos ins Feuer warf, war bei den 
Engländern inzwischen unter, der Wucht des Eindruckes 
der ungeheuren Menschenopfer, die der Vorstoß erfordert 
hatte, eine beträchtliche Ernüchterung eingetreten. Der eng 
lische General Rawlingson sah sich plötzlich zur Sparsamkeit 
gezwungen, da trotz der gegenteiligen Versicherungen Lloyd 
Georges, daß die englische Offensive bei Amiens mäßige 
Opfer gefordert habe, der in London weilende kanadische 
Ministerpräsident den Pressevertretern äußerst entmuti 
gende Erklärungen über die Verluste seiner Landsleute gab. 
Schon vorher war von Reuter bekannt gegeben worden, 
daß von 390 000 nach Europa verschifften Kanadiern 43 000 
den Tod erlitten hätten und die Zahl der Kranken und Ver 
wundeten 119000 betrüge. Neben ihnen hatten die Schotten 
und Australier besonders schwere Verluste zu verzeichnen. 
Der Luftkrieg erzielte im Monat Juli wieder früher 
ungeahnte Ergeb 
nisse. Es wurden 
an den deutschen 
Fronten 518 feind 
liche Flugzeuge,da 
von 69 durch Flak 
wirkung, und 36 
Fesselballone ab 
geschossen. 239geg- 
nerische Flugzeuge 
fielen in deutsche 
Hand. Den feind 
lichen Verlusten 
stand auf deutscher 
Seite die Vernich 
tung von 129 Flug 
zeugen und 63 Fes 
selballonen gegen 
über. 
Die Hauptluft.! 
gefechte fanden na 
turgemäß über der 
eigentlichen 
Schlachtfront statt. 
Der 22jährige Flie 
gerleutnant Udet 
(siche Bild in Band 
VIII Seite 56), 
nach Oberleutnant 
Löwenhardts Heldentode der erfolgreichste deutsche Kampf 
flieger, erfocht am 16. August seinen 56. Luftsieg, nachdem 
er an einem Tage, dem 11. August, vier Gegner zum Ab 
sturz gebracht hatte. Einen empfindlichen Verlust erlitt 
die deutsche Luftwaffe durch den Absturz des Kampffliegers 
Leutnant Pütter (siehe Bild Seite 7), der 25 Luftsiege zu ver 
zeichnen gehabt hatte. Auch die Franzosen verloren einen 
ihrer bekannteren Flieger, den Leutnant Guarin, dem 
23 Luftsiege zugeschrieben wurden. 
Auf zahlreiche französische kriegswichtige Plätze wurden 
wieder von deutschen Bombenfliegern Angriffe ausgeführt, 
besonders auf Calais, Dünkirchen, Boulogne, Rouen, 
Amiens, Epernay und Paris. Bei dieser Gelegenheit er 
fuhr man, daß Calais seit Kriegsausbruch 220 Luftangriffen 
ausgesetzt war. Die Wirksamkeit der Beschießung aus der 
Luft (siehe die Bilder Seite 119) läßt sich ermessen an 
gesichts der Menge der von den Deutschen abgeworfenen 
Sprenglasten. In der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 
1918 wurden insgesamt 3 378 256 Kilogramm Bomben 
gegen feindliche Plätze von militärischer Bedeutung ge 
richtet. Die Summe verteilte sich auf die verschiedenen 
Monate so, daß auf Januar 183 568 Kilogramm, Februar 
362 600 Kilogramm, März 316 775 Kilogramm, April 
253130 Kilogramm, Mai 830450 Kilogramm, Juni 672084 
Kilogramm, Juli 759 649 Kilogramm entfielen. In der 
Nacht zum 16. August flog infolge Bombenabwurfs das 
Munitionslager von Bauvry unter ungeheuren Explosionen 
in die Luft. Es entstand ein Brand, der weitere Erplo- 
sionen zur Folge hatte. 
Auch die feindlichen Bombengeschwader waren tätig. 
In Karlsruhe bewarfen sie einige Häuser und ein Offizier- 
gefangenenlager. Aus einem am 12. August Frankfurt 
am Main angreifenden Geschwader wurden im Kampf 
mit deutschen Staffeln zwei Flugzeuge abgeschossen, andere 
abgedrängt, während die übrigen, von den Abwehr 
geschützen unter Feuer genommen, ihre Bomben nur 
wahllos über die Stadt abwerfen konnten. Am 14. August 
wurde ein englisches Bombengeschwader vor Erreichung 
seines Zieles zum Kampf gestellt und unter Einbuße von 
fünf Flugzeugen zur Umkehr gezwungen. Ein anderes 
englisches Geschwader griff am nächsten Tage Darm 
stadt an. Dabei gelang es den deutschen Heimatschutz 
fliegern, vier englische Großflugzeuge zu vernichten. Die 
Franzosen trafen mit ihren Bomben wieder ein deutsches 
Lazarett bei Montmedy, das laut Fliegeraufnahmen deut 
lich als solches kenntlich war und auch den Franzosen von 
früher her bekannt sein mußte. Der Erfolg bestand darin, 
daß sechs Verwundete und Kranke, darunter zwei Kriegs 
gefangene, getötet und fünf in der Nähe spielende Kinder 
schwer verletzt wurden. 
Ein neuer Zusammenstoß zwischen deutschen und 
englischen Fliegern 
ereignete sich am 
13. August im Be 
reich des belgischen 
Küstengebietes. 
Dabei brachten die 
Flugzeugstreit 
kräfte des Marine- 
korps neun feind 
liche Flieger zum 
Absturz. Leutnant 
zur See Sachsen 
berg, dein erst kurz 
vorher der Orden 
Pour le Merite ver 
liehenworden war, 
errang dabei seinen 
19. und 20., und 
Leutnant Osler 
kamp (siehe BildS. 
40) seinen 19. Luft 
sieg. — Auch im 
Seekrieg gerieten 
deutsche und eng 
lische Streitkräfte 
wieder einmal zu 
sammen. Am Vor 
mittag des 11. Au 
gust stießen eng 
lische Flotteneinheiten, die sich aus mindestens 25 Linienschif 
fen, 6 Panzerkreuzern und zahlreichen Zerstörer- und Tor- 
pedoslottillen zusammensetzten, gegen die Deutsche Bucht 
vor. An der Spitze fuhren sechs Schnellboote, die anscheinend 
zum Minenlegen bestimmt waren. .Nördlich von Vlieland 
wurde das englische Flottenaufgebot von den auf den frie 
sischen Inseln stationierten Aufklärungsfahrzeugen und einem 
in See befindlichen Luftschiff gesichtet. Dieses griff sofort 
im Verein mit Flugzeugen der Kampfstasfeln Borkum und 
Norderney unter Führung der Leutnante zur See Freüden- 
berg (siehe Bild Seite 120) und Hammer die Schnellboote und 
Torpedosahrzeuge mit Bomben und Maschinengewehren an 
und setzte sämtliche Schnellboote außer Gefecht, von denen 
drei sogleich sanken, die drei anderen der holländischen Küste 
zustrebten (siehe Bild Seite 121). Auch ein Torpedoboot wurde 
durch Bomben so getroffen, daß es in sinkendem Zustande ge 
sehen wurde, und ein Panzerkreuzer erlitt schwere Beschädi 
gungen. Das Luftschiff des Korvettenkapitäns d. Res. Proelß 
(siehe Bild in Band VII Seite 330) und ein deutsches Flug 
zeug wurden infolge der gegnerischen Abwehr abgeschossen. 
Die rasch dem Kampfplatz zustrebenden Gefechtseinheiten der 
deutschen Hochseeflotte (siehe Bild Seite 120 unten) fanden 
den Gegner bereits nicht mehr vor. Die deutsche Luftauf 
klärung hatte sicher und zuverlässig gearbeitet, der Kampf 
geist der deutschen Luftwaffe und die Bereitschaft der deut 
schen Flotte hatten den englischen Vorstoß abgeschlagen. 
Auch die deutschen D-Boote waren trotz regster feind- 
Phot. Max Wipperling, Elberfeld. 
Das heiß umstrittene Schloß Tilloloy, ein ehemaliger Herzogsiß, zuletzt angeblich im Besitz des 
französischen Ministerpräsidenten Clemenceau.
	        
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