Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Abb. 1. Übergang mit Brückenkopfbildung. 
Erläuterung. A Scheinübergang. B Hauptübergang. C Unterstützende 
Batterien. D Versammlungsraum. E Stellung der Deckungstruppen. 
...... übersetzstellen der Deckungstruppen. 
durch seine Sprengstücke gleichzeitig desto mehr Ziele außer 
Gefecht, je enger sich dieselben beieinander befinden. Aus 
diesem Grunde haben wir, trotz mancher Nachteile» uns ja 
bequemt, auf das gefechtsmäßige Exerzieren und Schießen 
in geschlossenen Truppenverbänden fast ganz zu verzichten zu 
gunsten der geöffneten Ordnung, das heißt: der Schützenlinie. 
Nun können sich jedoch taktisch Fälle ereignen, wo 
entgegen den schlechten schießtechnischen Erfahrungen, 
die beim Zusammendrängen von größeren Massen auf 
einem kleinen Raum des Eefechtsfeldes gemacht wurden, 
ein konzentrisches Zusammenlaufen unvermeidlich ist. Das 
trifft zu bei den Kämpfen um Engen. Häufiger als der 
Kampf um Engpässe, den wir beispielsweise in den Kar 
pathengefechten erlebten, ist in diesem Krieg der Kampf 
um künstliche, durch Pioniere geschaffene Engen oder um 
natürliche, von Friedenszeiten noch stehen gebliebene — 
um Brücken. Zwar wird jede Truppe bestrebt sein, durch 
möglichst viele Brücken den Nachteil des Zusammendrän 
gens beim Flußübergang zu mildern. Aber die kostspielige 
und zeitraubende Tätigkeit des Brückenbaues zieht Grenzen. 
Da hat nun die Taktik einen Ausweg gefunden: die 
Brücke darf eben nicht mit in das Gefechtsfeld einbezogen 
werden. Der Gegner muß so weit abgehalten werden 
von der Brückenstelle, daß sogar seine weittragende Ar 
tillerie mit ihren Geschossen die Enge nicht mehr zu er 
reichen vermag und die Massen ungehindert durch feind 
liches Feuer auf das andere Ufer gelangen können, dort 
Zeit und Raum haben, in die ge 
öffnete Eefechtsformation überzu 
gehen, um erst in dieser dem Feind 
gegenüberzutreten. So wird die 
flußüberschreitende Truppe vor ver 
nichtenden Verlusten bewahrt. Wie 
erreicht man nun aber, daß der 
Gegner, der in richtiger Erkenntnis 
der Lage selbstverständlich mit allen 
Mitteln an die Brückenstelle min 
destens auf Schußweite heranzu 
kommen versucht, dennoch weit ge 
nug abgehalten wird? Durch Waf 
fengewalt und Zeitgewinn. 
Gehen wir zunächst auf Brücken 
köpfe beim Angriffsgefecht näher 
ein, denn die Notwendigkeit der 
einzelnen taktischen Maßnahmen ist 
hierbei am klarsten ersichtlich. Es 
gilt zunächst, den Feind auf dem 
jenseitigen Ufer, der meist längs 
des Flusses nur verhältnismäßig 
schwache Kräfte aufgestellt hat, seine 
Hauptstreitmacht dagegen als Re 
serve weiter rückwärts zur Verfü 
gung hält, um sie von dort aus am 
kritischen Punkt einzusetzen, zu täuschen. Man spielt also 
an einer Stelle „Scheinübergang" (siehe Abb. 1) und veran 
laßt ihn, dort seine Reserve einzusetzen, oder man versucht, 
durch mehrere Scheinübergänge seine zusammengezogenen 
Kräfte zu zersplittern. Während diese Truppen seine 
Streitkräfte „auf sich ziehen", „fesseln", „binden", wird 
an einer anderen Stelle der Hauptübergang bewerkstelligt. 
Eiligst sehen meist am Abend oder früh am Morgen 
dort die „Deckungstruppen" in Pontons über. Sie müssen 
den „Brückenkopf" bilden, haben also die Aufgabe, den 
Gegner von der eigentlichen Brückenstelle so weit abzu 
halten, daß er sie nicht unter Feuer nehmen kann. Im 
weiten Halbkreis werden sie zu diesem Zwecke die um 
liegenden Höhen besetzen, wobei sie Unterstützung finden 
durch weittragende Batterien des jenseitigen Ufers. So 
rasch wie möglich werden immer mehr Truppen hinüber 
geworfen, um die Deckungstruppen zu verstärken, denn 
diese müssen oft stundenlang gegen erheblich überlegene 
feindliche Kräfte standhalten, je nachdem die List des Schein 
übergangs ganz oder 
nur teilweise glückte. 
Inzwischen hat der 
Divisionsbrücken 
train unbehelligt 
Brückenschlägen kön 
nen, auf denen auch 
Artillerie, Muni 
tionskolonnen, Ge 
fechtsbagagen und 
so weiter den Fluß 
überschreiten kön 
nen. Durch den Stel 
lungswechsel der 
Batterien wurde vor 
den Stellungen der 
Deckungstruppen 
eine kilometerweite 
neue, halbkreisför 
mige Zone geschaf 
fen, in der sich der 
Eegnernurmit größ 
ter Vorsicht aufhal 
ten kann, die Zone 
der Artillerieschuß 
weite. Fühlen sich 
die Deckungstruppen 
infolge des ständigen 
Zuwachses endlich 
stark genug, so ge 
winnen sie inr An 
griff nach vorwärts 
Boden, werfen den Gegner weiter zurück, dehnen die bei 
den Flanken entlang des Flusses aus, bis sie ober- und 
unterstrom mit dem nächsten Brückenkopf der Nachbardivi 
sionen zusammentreffen. So bildet 
sich aus den einzelnen Brücken 
köpfen eine neue Front am feind 
lichen Ufer (siehe Abb. 2). 
Um sich von vornherein Vorteile 
bei einem etwaigen Kanrpf um den 
Flußübergang zu verschaffen, be 
ginnt man schon im Frieden mit 
der Anlage von Brückenköpfen, also 
sackartig ausgebuchteten Stellungen 
im Halbkreis vor wichtigen Brücken 
über großen Flüssen, die bei der 
Mobilmachung sofort noch weiter 
ausgebaut werden. Die ursprüng 
lichen Brückenköpfe bestehen aus 
Fortgürteln. Die nachträglich in 
kürzester Zeit erbauten sowie die 
Geländeverstärkungen zwischen den 
einzelnen Forts sind Feldbefesti 
gungen. Da es trotz aller Voraus 
berechnungen doch mehrmals in 
diesem Kriege vorgekommen ist, 
daß Flüsse und Sümpfe, denen 
man früher keine großen taktischen 
Vorteile beimaß, überraschend zu 
Kampfmittelpunkten geworden sind, 
> 
Abb. 3. Permanenter, einfacher Brückenkopf. 
Erläuterung. A B C Brücken. D Stadt. E Fort 
gürtel. i I Fort, Batterie, Stützpunkt. F Grenze der 
Artilleriewirkung. 
Abb. 2. Erweiterung der vier Brückenköpfe 
zur Front. 
Erläuterung. A—D Anmarschwege. E—H 
Brückenstellen. J—M Brückenköpfe. * Aus- 
dehnungsrichtungem N—0 Zusammenhängende 
Brückenköpfe. P—Q Neue Front am feind 
lichen Ufer.
	        
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