Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Deutschland und die Mächte, 1913,1914 
343 
Presse zeigten sich dauernd starke Sympathien für den Dreiverband 
und insbesondere für Frankreich 1 . 
An der damaligen Gruppierung der Mächte konnten einzelne 
Begegnungen der leitenden Persönlichkeiten nichts mehr ändern. 
Seine Frühjahrsreise nach Korfu benutzte Kaiser Wilhelm II. 1914 zu 
Besuchen der Dreibundmonarchen in Wien (23. März) und Venedig 
(25. März) und stattete auch dem Erzherzog Franz Ferdinand am 
27. März in Miramare einen Besuch ab. Eine weitere Begegnung mit 
dem Erzherzog-Thronfolger erfolgte durch einen Besuch des Kaisers 
in Konopischt vom 12.—14. Juni 1914. Bei dieser Gelegenheit wur 
den auch politische Fragen erörtert. Während der Erzherzog-Thron 
folger für eine Annäherung an Rußland durch Wiederbelebung des 
alten Drei-Kaiser-Bündnisses eintrat, betonte Kaiser Wilhelm II. den 
Dreibundgedanken. Rußland war nach der Meinung des Erzherzogs 
nicht zu fürchten, da seine inneren Schwierigkeiten zu groß seien, 
als daß es sich eine aggressive äußere Politik gestatten dürfe 1 2 . 
Für die Kennzeichnung der deutschen Beziehungen zu Ruß 
land und England müssen wir nochmals bis in das Frühjahr 1913 
zurückgehen. Die Vermählung der deutschen Kaisertochter mit dem 
Herzoge von Braunschweig am 24. Mai 1913 schuf zum letzten Male 
vor dem Weltkriege einen Anlaß zur Begegnung des Kaisers mit 
dem Zaren und mit dem Könige von England im Berliner Kaiser 
schlosse. Damals schon machte Kaiser Wilhelm den Zaren darauf 
aufmerksam, daß demnächst auf Wunsch der Türkei ein preu 
ßischer General nach Konstantinopel entsandt werden sollte. Der Zar 
hatte nichts dagegen einzuwenden und bezeichnete in Gegenwart des 
Königs von England die Entsendung als ganz natürlich 3 . Trotzdem 
entwickelte sich im Spätherbste 1913 aus der Entsendung des Gene 
rals Liman v. Sanders nach der Türkei eine schwere deutsch-russi 
sche Verstimmung, die nur dadurch ausgeglichen werden konnte, 
daß der General anfangs Januar 1914 in Konstantinopel eine andere 
Bestimmung erhielt. Dessen ungeachtet brachte die russische Presse 
schwere Angriffe auf Deutschland, woraus sich schließlich im 
Frühjahr 1914 ein förmlicher Federkrieg zwischen Rußland und 
Deutschland entwickelte, an dem auf russischer Seite der Kriegs 
minister Suchomlinow selbst teilnahm 4 . Die deutschfeindliche Stim 
mung in den russischen Militärkreisen nahm so auffallend zu, daß 
es sogar einer japanischen Militärmission, die im Frühjahr 1914 in 
Rußland weilte, auffiel. In den Regimentsmessen sprach man ganz 
offen von einem demnächstigen Kriege gegen Österreich-Ungarn 
1 Or. Pol. Nr. 15782, 15783. 
a Or. Pol. Nr. 15736, 15737. 
s Gr. Pol. Nr. 15451. 
« Or. Pol. Nr. 15846.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.