Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1932 (1932)

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Da nimmt der Vua 's Dirndl 
Beim Fürtuchbandl. 
Da droben auf dem Bergerl 
Steht a Holzapfelbaum, 
Aber d' Äpfel find sauer, 
Und dreinbeiß' ich kaum." 
Ich höre eine unbekannte Stimme: 
„Mir scheint, den hat's schon derbissen 
heut'." Der Kaspar steckt mir noch alle 
Taschen voll Lebzelten an, dann gehen 
wir. 
Draußen dreht es mich ein paarmal, 
als wäre ich selber ein Prater, ich weiß 
aber nicht, was das ist. Es hat mich frü 
her noch nie so gedreht. 
Der Kaspar sagt, jetzt gehen wir zum 
Baumannwirt auf eine frische Maß. 
Beim Baumannwirt stellt er mich 
kleinen Buben auf den Tisch und sagt: 
„Franzl, jetzt singst!" 
Die Stuben ist ganz schwarz vor lau 
ter Leuten, alles wird mäuserlstill und 
schaut auf mich her. Und ich singe, weil 
es mir der Kaspar schafft. 
Auf einmal wird mir ganz schlecht 
und die Weise bleibt mir im Halse stecken. 
Vom Drehen spüre ich auch gar nichts 
mehr. 
Ich muß immer nur auf einen Punkt 
hinschauen, denn ich habe ja gar nicht 
daran gedacht, daß ich hier beim Bau 
mannwirt meinen Vater sehen könnte. 
Ja, er ist's wirklich. 
Jemand sagt zu ihm: „Der Franzl 
kann nichts dafür." 
Ein anderer sagt: „Hauen darfst du 
ihn nicht!" Wieder ein anderer: „Nein, 
tu ihm nichts, die Schuld hat der Kaspar." 
Das ganze Wirtshaus legt sich für 
mich ein, besonders der Kaspar selbst. Mir 
kommen die Tränen, die ich bei der Pre 
digt versäumt habe, wie der Kaspar über 
Fraß und Völlerei geweint hat, denn ich 
habe eine dunkle Ahnung, wie man das 
Drehen nennt, das ich jetzt immer spürte: 
ich habe ein richtiges Kirchweihräuschlein. 
Die Leute tragen mich zu meinem 
Vater und der Kaspar kann mich nicht 
genug loben, wie brav ich bin. 
Ich sage: „Vater, schau her, ich habe 
mein Fünfziger! noch." Er nickt nur ein 
wenig. 
Dann zahlt der Vater und ich muß 
mit ihm heimgehen. Der Kaspar geht noch 
mit bis über die letzten Häuser hinaus 
und kann mich meinem Vater nicht genug 
loben. 
Ich kriege auch wirklich keine Schläge, 
sondern nur gute Lehren. Und alles wird 
wieder recht und gut. 
Dieses Räuschlein ist wirklich mein 
erstes und letztes gewesen. Und dem Kas 
par, dem seelenguten Kerl, wird's gewiß 
auch nicht schaden, jetzt in der Ewigkeit. 
Die Vrobe 
Von Pankraz S ch u k 
„Heute ist die Reihe an Ihnen, uns 
eine Geschichte aus Ihrem Leben zu er 
zählen, Herr Lienhard", wandte sich der 
Steuereinnehmer Jörig, der Vorsitzende 
der „Alten-Herren"-Runde, deren Mit 
glieder sich jeden Sonnabend in der Son 
derstube des „Schwarzen Adlers" zu 
einem Abendschoppen einzufinden pfleg 
ten, an den kleinen Herrn mit dem schnee 
weißen Knebelbarte, der seelenoergnügt 
an seiner langen Pfeife sog. 
„Ich soll etwas erzählen?" fragte der 
Angesprochene, „es hat sich ja doch in mei 
nem Leben gar nichts ereignet, das des 
Erzählens wert wäre." 
„Freilich, nichts ereignet! Im Leben 
eines ehemaligen Juweliers!" entgegnete 
der Gemeindesekretär Weikart. „Das wer 
den Sie doch nicht im Ernst behaupten 
wollen, Herr Lienhard!" 
Der also Apostrophierte schien eine 
Weile nachzusinnen. Dann gab er zu: „Ja, 
gewiß, auch in meinem Berufsleben hat 
sich so manches Seltsame und Köstliche 
ereignet. Ob es aber Sie, meine Herren, 
sonderlich interessieren wird?"
	        
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