Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1919 (1919)

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UM 
Patent Karl Alberts, König von Sardinien, 
religiöse Freiheit und mit den Katholiken 
gleiche bürgerliche und politische Rechte 
gesichert. Einzig in ursprünglicher Lehre 
haben sie sich in den Tälern Val Martina, 
Val Angrona und Val Lucerna erhalten, 
wo sie sich durch strenge Sittenreinheit, 
regen Gewerbefleiß und treffliche Bewirt 
schaftung von Feldern und Weingärten aus 
zeichnen. Gegenwärtig besitzen sie in den 
Tälern von Piemont 15 alte Gemeinden 
mit 21 Geistlichen und ungefähr 20.000 
Seelen. In Italien bestehen 44 evangeli- 
sierte Gemeinden mit 4b Geistlichen und 
einer Theologenschule in Florenz. Zufolge 
der Verfassung von 1839 dürfen nur stu 
dierte Theologen predigen. Alle fünf Jahre 
versammelt sich als oberste Kirchenbehörde 
die aus Geistlichen und Laien zusammen 
gesetzte Synode, welche abwechselnd in den 
drei Tälern tagt. 
Die Waldenser verwarfen den gesamten 
Kult. Beibehalten blieb nur Predigt und 
Abendmahl, sowie Priestertum. Besonderer 
Wert wurde auf das Lesen der Heiligen 
Schrift gelegt. Ihre Prediger hießen „Voll 
kommene". Diese verzichteten auf Besitz und 
Erwerb, weshalb selbe von ihren Anhängern 
versorgt wurden. „Ihre Lehr und Confession 
aber bestünde hauptsächlich darauf: Der 
Pabst habe keine weltliche Gewalt, und sey 
nicht hoeher dann ein anderer Bischofs; 
Sie hielten die Communion des Heiligen 
Abendmahles unter zweyerley Gestalt, ver- 
wurffen die Mesz, Ablasz, Closter-Geluebde, 
Anruffung der Heiligen, .das Gebet fuer 
die Abgestorbenen; glaubten an kein Feg 
feuer, noch Transubstantion." (Valentin 
Preuenhuebers Annales Styrenses.) Gleiche 
Aufzeichnung berichtet. „Demnach vor Zeiten 
die Waldenser aus Frankreich und Flan 
dern verjagt, in Teutschland gefallen, und 
allda, in Ausbreitung ihrer Lehre, einen 
großen Anhang, sonderlich in Behaimb und 
Oesterreich, ueberkommen, als seynd die 
selben auch hieher, in die Stadt Steyer 
gerathen. Was nun gegen sie An. 1311 
vorgenommen worden, davon meldten 
die Annales des Closters Garsten: Dacz, 
nachdem Anno 1395. Herzog Albrecht zu 
Oesterreich, einen Coelestiner München 
^Mönch), Pr. Petrus genannt, in Oester 
reich berufen, und im Biszthum Pasfau 
das Officium Inquisitionis ihne anbefohlen 
worden, so seyen hierauf Anno 1397 durch 
solche Inguisitionern Haereticae Pravitatis 
in der Stadt allhie zu Steyer mehr denn 
tausend Persohnen eingezogen, etliche das 
Zeichen des Creutzes zu tragen verurteilet, 
viele aber, sowohl Manns- als Weibs- 
Persohnen, dem weltlichen Gerichte ueber- 
geben, theils in ewige Gefaengnisse gelegt, 
achtzig bis hundert aber auf der Weyde 
oder Au, im Fruexen-Thal (gegenwärtiges 
Pyrach, Gemeinde Garsten), so anjetzo eine 
schoene Wiese untern Puechholtz ist, auf 
Befehl des Landes-Fuersten, von denen 
Burgern zu Steyer verbrennet worden; 
Daher der Ort um selbige Revier noch auf 
den heutigen Tag der Ketzer-Freudhoff 
genennet wird." 
Besonders war Johann von Scherfen- 
berg. welcher von 1381 bis 1387 Passaus 
Pastorale führte, bemüht, die Lehre der 
Waldenser auszurotten. Der Ketzerrichter 
Zölestinermönch Peter war 1393 nach Sieyr 
gesandt, um die Anhänger zu bekehren und 
über die Hartnäckigen das geistliche Urteil 
zu fällen. In der Pfarre Wolfern bekannte 
sich die Mehrzahl der Pfarrholden zur Lehre 
und ihre Begeisterung war zur Hellen Ra 
serei entflammt. Im geschlossenen Haufen 
zogen sie vor dem Pfarrhof und zündeten 
denselben an, so daß der Pfarrer samt Ge 
sinde in den Flammen den Tod fand. Ihre 
Wutgier galt auch Steyr. Sie wollten am 
Stadtpfarrhof Feuer legen, was ihnen nicht 
gelang. Petrus benachrichtigte 1395 in einem 
Manifest ihren Fanatismus dem Papst, den 
Kardinälen, dem gesamten Klerus, sowie 
der weltlichen Obrigkeit und wies auf die 
Gefahr, welche sowohl der Kirche als dem 
Reich und einzelnen Katholiken drohe. Ein 
dringlich forderte er strenge Maßregeln, um 
ihren Fanatismus jäh zu beenden. Die 
Herzoge Albrecht und Wilhelm von Oester 
reich ordneten strenge Verfolgung der Ketzer 
an, worüber Valentin Preuenhueber in den 
„Annales Styrenses“ eingehend berichtet: 
Noch deutlicher aber ist solches aus folgen 
den Fuerstlichen Mandats, so vorhanden, 
und zu der Burger zu Steyer Versicherung 
ausgegangen, zu sehen, also lautend: „Wir 
Wilhelm und Albrecht, Vettern, entbiethen
	        
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