Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1887 (1887)

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Der 
Marr- und Wallfahrtsort Adlwang. 
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der älteste 
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fahrtsort in 
Oberöster 
reich , liegt 
Yj am Nordfuße 
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zuges, der 
vom linken 
Ufer des 
Steyrflußes 
gegen die 
Krems sich erstreckt, und ist von Bad Hall ans zu 
Fuß in einer Stunde leicht zu erreichen. Nach Fertig 
stellung des Flügels der Kremsthalbahn Rohr-Bad 
Hall wird das stille Thal, in welchem sich der Ort 
auf einem gegen den Sulzbach vorspringenden Hügel 
erhebt, dem großen Verkehr näher gerückt sein, denn 
man wird es alsdann von Linz aus in etwa drei 
Stunden erreichen können. 
Die Gegend hat nicht den reichsten Getreideboden, 
dagegen gehört sic jener Zone an, wo der berühmte 
oberösterreichische Aepfelmost erzeugt wird; auch dehnen 
sich auf den Berghöhen südwärts von Adlwang an 
sehnliche Forste aus, die zumeist in dem Fürst Lam- 
berg'schen Fideicommissbesitze sich befinden. 
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die „Kirche am 
Sulzbach", welche Herzog Tassilo II. bei der 
Gründung K r e m s m ü n st e r's an seine neue Stiftung 
übergab, das heutige Adlwang äst, da dasselbe bei 
der Abgrenzung der Pfarre Pfarrkirchen 1180 auch 
durch den Beisatz „am Sulzbach" bezeichnet wird, indem 
es heißt, nach Süden sei die Grenze „Adlwang am 
Ufer des Sulzbaches." Darnach hätten wir uns in 
Adlwang eine der zahlreichen Missionsstationen vorzu 
stellen, welche das bajovarische Kloster Niederaltaich 
gegen die Enns-Slaven und die jenseits der Enns ge 
sessenen Avaren vorgeschoben hatte, sodass Adlwang 
schon 777 bestand, in welchem Jahre die Gründung 
Kremsmünster's erfolgte. 
Beruht obige Angabe über das Alter Adlwangs 
auf Annahmen, die sich nach den bis jetzt bekannten 
Geschichtsquellen nicht stringent beweisen lassen, so läßt 
sich der Behauptung, dass Erzbischof Tiemo von 
Salzburg im Jahre 1095 eine Kirche in der Gegend 
von Hall eingeweiht habe, nicht widersprechen. Das 
kann nach allem nur Adlwang gewesen sein, von 
welchem die Ueberlieferung meldet, dass das Gnaden 
bild daselbst von Erzbischof Tiemo herrühre, der es 
dem Abte von Kremsmünster Alram I. (1093—1121) 
zum Geschenke gemacht habe. Die ehemalige Missions 
station am Ufer des Sulzbach mag in den Zeiten der 
Ungarneinfälle zugrunde gegangen sein. Erst Abt Alram 
erbaute an deren Stelle wieder eine Kirche, welche 
»Erzbischof Tiemo weihte und mit der Statue der 
schmerzhaften Mutter Gottes schmückte, die noch heute 
daselbst sich befindet und von der Andacht der Gläubigen 
verehrt wird. 
Von da an muss der Zufluss der Wallfahrer 
nach Adlwang begonnen haben. Deshalb finden 
wir auch, dass nach der Angabe im Census ecclesia- 
rum des Stiftes Kremsmünster (abgefaßt um 1330) 
in der Kapelle der hl. Maria zu Adelwang an 
jedem Marienfeste und an jedem Samstage 
Messe gelesen wurde. Den Gottesdienst versahen 
die Geistlichen von Pfarrkirchen, dem Adlwang wohl 
schon durch Bischof Dietbold (Theobald) von 
Passau (1172—1190), Graf von Bergen, welcher 
c. 1180 die vom Abt Ulrich III. von Kremsmünster 
(1173—1182) auf den Klostergütern bei Hall erbaute 
Kirche zu Ehren des heil. Georg einweihte und zur 
Pfarrkirche erhob, als Filiale untergeordnet worden 
war. Bei dieser Ordnung des' Gottesdienstes ist es 
in der Folge auch im Wesentlichen geblieben, bis in 
der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundertes ein ständiger 
Priester in Adlwang angestellt und am Beginn des 
18. Jahrhunderts ein Superiorat errichtet wurde. 
Noch im Laufe des 14. Jahrhundertes erfolgten 
die ersten Messstiftungen zur Kirche von Adlwang. 
Die Familie der Herren von Rohr machten eine 
Stiftung von monatlich vier hl. Messen nach Pfarr 
kirchen, mit der Verfügung, dass die erste derselben 
„da z'unser Frauen in Adelwang" gelesen werden 
sollte, eine Stiftung, die 1403 durch Wilhelm v. Rohr 
neuerdings bestätiget wurde. Am Anfange des 15. Jahr 
hunderts war die Alram'sche „Kapelle" bereits zu klein, 
um dem Andrang der Gläubigen zu genügen, überdies 
war sie baufällig geworden. Deshalb verlieh Papst 
Eugen IV. am 15. Mai 1431 allen Gläubigen einen 
Ablass, wenn sie außer den gewöhnlichen Bedingungen 
auch noch einen Beitrag zur Ausbesserung und Erwei 
terung des Gotteshauses zu Adlwang geben, weil, wie es 
im Ablassbreve heißt, daselbst eine solch' große Menge 
beiderlei Geschlechtes an den Marienfesten zusammen 
strömen, dass die Kapelle in ihrem beschränkten Raume 
nicht imstande sei, dieselben zu fassen, und weil das 
Gebäude bei seinem ruinenhaften Zustande eine gründ 
liche Ausbesserung bedürfe. Statt der romanischen 
Kapelle wurde eine gothische Kirche aufgeführt, die aber 
schon am Ende des 15. Jahrhunderts auch wieder den 
Bedürfnissen nicht mehr entsprach, weshalb man zum 
zweitenmal einen gothischen Bau begann, der aber nur 
bis zur Vollendung des noch jetzt stehenden, schönen 
und geräumigen Presbhteriums gedieh. Der Styl läßt 
die Steyrer resp. Wiener Bauhütte deutlich erkennen. 
Inzwischen kamen die schlimmen Zeiten jener 
politisch-socialen Revolution, die von religiifien Umsturz 
versuchen begleitet war, uüd die man gewöhnlich so 
ganz mit Unrecht „Reformation" zu nennen sich 
gewöhnt hat. Protestantische Prediger erschienen auf 
den Schlössern und in den Städten Oberösterreichs, 
so z. B. auch im nahen Mühlgrnb. Offen und ver-
	        
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