Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1887 (1887)

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steckt, durch Ueberredung und durch Gewalt begann 
man auch in unserem Lande zu reformieren. Dass 
das schlimme Zeiten für den Wallfahrtsort Adlwang 
waren, ist begreiflich, doch hörte, wie aus noch vor 
handenen Kirchenrechnungen sich erweisen läßt, daselbst 
der Gottesdienst nicht ganz auf; aber es wollte den 
Umwohnern — man ersieht daran das Eindringen 
protestantischen Geistes — nicht mehr gefallen, an 
Samstagen, wie bisher, den Gottesdienst zu besuchen. 
Sie baten den Abt Johannes III. Spindler, es möge 
an jedem zweiten Sonntag der Gottesdienst in Adl 
wang statt in Pfarrkirchen gehalten werden, ein An 
sinnen, auf das der Abt nicht eingieng, da man die 
Pfarrkirche „nicht unbefangen lassen könne." Es werde 
auch in Zukunft beim Samstag-Gottesdienst bleiben, 
doch solle derselbe bald frühmorgens gehalten werden, 
damit man an Arbeit nichts versäume; derselbe möge 
nur auch fleißig - besucht werden. 
Da das Kirchenschiff so baufällig geworden war, 
dass es im Innern mit Stützen versehen werden musste, 
Pfarre Adlwang. 
gab Abt Johannes den Auftrag zur Ausbesserung des 
selben. Hans Schrotter, Tischler in Hall, machte 
einen'Kostenüberschlag hiefür; aber die Arbeit unterblieb. 
Als die Zeiten der schrecklichen Bauern-Auf 
stände kamen, war für den Wallfahrtsort eine gar 
schlimme Zeit angebrochen. Man musste vor den hellen 
Haufen der protestantischen Bauern die Gnadenstatue 
verbergen, oder es hat eine plündernde Horde dieselbe 
herabgerissen und irgendwohin geworfen. Niemand 
mehr wußte, wohin Tiemo's Werk gekommen sei. Erst 
als man im dritten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts 
daran gieng, das verwahrloste Gotteshaus zu Adlwang 
zu säubern, fand man die Statue wieder in einem 
Ameisenhaufen. Man richtete sie an der-Stelle, 
wo man sic gefunden, auf einer Steinsäule auf, doch 
die Ameisen wollten sich nicht vertreiben lassen; noch 
nach drei Jahrzehnten fanden sie sich häufig bei der 
Statue ein. Das Volk nannte darum seitdem Adl 
wang „Maria im Ameisenhaufen". 
In jene Zeit fällt auch der Ursprung des soge 
nannten Stabl-Sonntages, der bis in die Zeiten 
des Kaisers Josef II. begangen wurde. Es verhielt 
sich aber damit so: Die Bewohner von Viechtwang, 
wo der heiligmäßige Pfarrer Stefan Sch atzl mit 
solchem Eifer um die katholische Sache sich annahm, 
dass während seiner 34jährigen Thätigkeit keines seiner 
Pfarrkinder protestantisch wurde, erklärten den prote 
stantischen Herren von Scharnstein, welche sie zum 
Abfall drängen wollten, lieber mit dem nackten Bettel 
stab in der Hand Haus und Hof zu verlassen, als 
ihren katholischen Glauben zu verläugnen. Sie blieben 
fortan unbehelligt. Zum Andenken an die Glaubens 
treue ihrer Vorfahren haben nachmals die Viechtwanger 
angefangen, in großen Scharen alljährlich mit weißen
	        
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