Volltext: Sozialismus und Sozialisierung in England

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dauernde Nachwirkungen in der Organisation beider Wirtschafts 
zweige hinterlassen zu sollen. 
Eine der ersten Kriegsmaßnahmen der englischen Regierung 
auf wirtschaftlichem Gebiet war die Übernahme der bisher aus 
schließlich von privaten Gesellschaften betriebenen Eisenbahnen 
unter staatliche Kontrolle. Das Eingreifen erfolgte unter dem 
strategischen Gesichtspunkte, daß der Staat im Kriegsfälle unein 
geschränkt über die Verkehrsadern des Landes verfügen müsse, 
und fand seine gesetzliche Grundlage in dem »Regulation of the 
Forces Act« von 1871. Die Beschlagnahme betraf zunächst nur 
die Eisenbahnen Groß-Britanniens, wurde aber im Dezember 1916 
auch auf die irischen Bahnen ausgedehnt. 
Die Leitung des gesamten Eisenbahnsystems ging auf einen 
Eisenbahnbetriebsausschuß über, in dem die Betriebsleiter der 
wichtigsten Eisenbahngesellschaften unter dem formellen Vorsitz 
des Präsidenten des Handelsamtes vereinigt waren. Für Irland 
wurde später ein in gleicher Weise zusammengesetzter Ausschuß 
gebildet. Das mehrmals von dem Eisenbahnerverband gestellte 
Verlangen nach einer Vertretung in dem Betriebsausschuß wurde 
von der Regierung zurückgewiesen 1 ). Die tatsächliche Leitung 
des Bahnwesens verblieb somit den bisherigen leitenden Persönlich 
keiten der Gesellschaften. Ebenso blieben die Eigentumsverhält 
nisse der einzelnen Gesellschaften unberührt. Eine grundsätzliche 
Änderung trat jedoch hinsichtlich der finanziellen Verantwortung 
ein. Diese ging auf den Staat über, der den Eisenbahngesell 
schaften die Nettoeinnahmen von 1913, eines außerordentlich 
günstigen Betriebsjahres, mit einem geringen prozentualen Abzug 
für einen etwa festzustellenden Rückgang in der ersten Hälfte 
von 1914 garantierte. Außerdem verpflichtete sich der Staat zur 
Entschädigung aller Unkosten, die den Eisenbahngesellschaften 
aus der Benutzung ihrer Anlagen für militärische Zwecke — 
durch übermäßige Abnutzung, durch das Unterbleiben notwendiger 
Erneuerungen, durch Anschaffungen zu den gestiegenen Kriegs 
preisen — erwuchsen. Der Staat erhielt für diese Verpflichtungen 
das Recht freier Benutzung der Eisenbahnen für alle Arten von 
Transporten. Nach einem Ausspruch, den der damalige Schatzkanzler 
Bonar Law im Dezember 1916 im Parlament tat, glaubte die Regie 
rung trotz der übernommenen Garantien bei diesem Abkommen sehr 
1 ) Labour Year Book, S. 161. Erst nach dem Eisenbahnerstreik vom Herbst 
1919 wurde den Gewerkvereinen die Entsendung von 3 Vertretern in den Ver 
waltungsausschuß der Eisenbahnen zugestanden. Vgl. The Nation, 22. Nov. 1919.
	        
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