Volltext: Hier spricht der Feind

weniger. Der Artilleriekommandant des Forts ist in einen Trichter gefallen. 
Er kann nicht mehr gehen und muß ins Fortlazarett geschafft werden. Der In¬ 
fanteriekommandant wird durch eindringende Explofionsgase vergiftet und fällt in 
Ohnmacht. Die Gase üben einen mehr beängstigenden Einfluß aus. Manche 
werden ohnmächtig, anderen tränen die Augen; andere find vollständig erledigt 
und warten anscheinend nur noch auf einen Granatvolltreffer. Weder den 
Mahnungen noch den Drohungen des Fortkommandanten, Chefarztes und Feld¬ 
geistlichen gelingt es, die Moral dieser Männer wieder zu heben, die auf den Tod 
warten wie ein unvernünftiges Tier. Gegen 19 Uhr 30 wird diese höllische Be¬ 
schießung schwächer. Bald hört sie ganz auf. Das Fort hat 60 Zweiundvierziger 
abbekommen. Der Kommandant des Zwischenwerks Lierre - Tallaert meldet 
einen von Feldartillerie unterstützten feindlichen Infanterieangriff. Die Mann¬ 
schaften faßen sich wieder, die Panzerkuppeln werden besetzt, und die Feuerlinie 
wird von Maschinengewehren und Infanteristen eingenommen. Die Feldschanze 
von Tallaert kann nur schwach kämpfen und fordert Hilfe an. Wir bestreichen das 
Gelände vor den Zwischenwerken mit allen unseren Geschützen. Unter diesem 
Feuer scheitert der feindliche Angriff gegen 21 Uhr. Die ganze Garnison, selbst 
die Kranken, haben am Kampf teilgenommen. Der Infanteriekommandant hat 
seinen Stand im Wall wieder eingenommen. Dann wird das Fort von neuem 
beschoffen, und ein neuer Angriff auf die Zwischenwerke setzt ein, mit ebensowenig 
Erfolg wie der erste. 
2. Oktober. Um 2 Uhr dritter Angriff auf das Zwischenwerk. Die Feuerlinie auf 
der vorderen Front des Forts bekommt starkes feindliches Maschinengewehrfeuer. 
Die Schützen antworten wütend darauf. Ihr Kommandant muß sich ganz aus¬ 
geben, um das Feuer richtig zu leiten. Die glühend heißen Gewehre müßen 
pausieren. Trotzdem darf der Deutsche nicht durchkommen! Unsere Kanonen 
geben Schnellfeuer, der Lärm ist betäubend. Mehr als zwei Stunden hindurch 
leben wir in dieser krachenden Hölle und hören selbst die feindlichen Kugeln nicht 
mehr, die in Schwärmen um unsere Köpfe pfeifen. Eine der Kanonen wird durch 
das Feuern außer Gefecht gesetzt; die zweite schießt doppelt soviel hinaus, aber 
bald kann auch sie nicht mehr der Feuerleitung folgen... 
Um 4 Uhr 30 zeigen uns die roten Leuchtkugeln des Feindes seinen Rückzug an. 
Das Zwischenwerk ist nicht genommen worden. Richt e i n Drahtverhau der 
Verteidigungsstellungen ist zerschnitten worden. 
Dieser Erfolg gibt den Mannschaften wieder Hoffnung und Vertrauen. Sie find 
beinahe froh. Indes ist ihre Ermüdung offensichtlich. Bald nachdem der feindliche 
Angriff abgewiesen worden ist, antwortet das Feuerleitungsbüro nicht mehr auf 
Anruf. Als man nachschaut, schläft die ganze Mannschaft. Der Offizier, der 
auf einem Strohsack ausgestreckt ist, schwankt, als er sich aufrichtet. Eine Ruhe¬ 
pause von einigen Minuten war eingetreten, und die ganze Bemannung konnte 
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