Volltext: Feldgrau schafft Dividende

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nicht verletzt. Im Nachbarbett auf der rechten Seite hegt 
schon der dritte Insasse. Der erste, jener Mann mit dem ver 
bundenen Kopf, hat nur drei Tage gelitten, ohne die Besin 
nung wieder zu erlangen. Ein Glück für ihn. Seinen Nach 
folger, einen Jungen von knapp achtzehn Jahren, Jahrgang 
1900, lieferte man mit zerschmetterten Beinen ein. Dreimal 
wurde er amputiert, aber die Vereiterung fraß sich immer 
höher. Nächtelang hallten seine Schreie durch das weiß 
getünchte „Grabgewölbe“. Eines Morgens war er sonderbar 
ruhig, lächelte sogar. Seine linke Hand ruderte durch die 
Luft, tastete sich zu mir herüber: „Du, Kamerad, bleibst 
du auch bei mir?“ 
„Ja, Kleiner, ich bleibe hier, nun schlaf’ aber!“ 
Seine Finger umklammerten mein Handgelenk, hielten es 
eisenfest. Nach einer Stunde wurde der Griff starr und 
kalt ... Am gleichenTage starb ein zweiter Kamerad. Gas 
tod ! Man hatte ihn schon hoffnungslos und mit ausgespuck 
ter Lunge eingeliefert. Gesicht und Hände waren blau an 
gelaufen. Besonders die Hände dieses Menschen waren 
gräßlich, geschwollen, schon halb verwest. 
Die beiden leeren Betten wurden schon am gleichen Nach 
mittag wieder belegt. Rechts neben mich kam ein älterer 
Mann mit Kieferschuß, und in das Bett des Gastoten legten 
sie einen blonden, starken Burschen mit grauenvollem Ho 
denschuß. Man hatte ihn schon im Feldlazarett hinter der 
Front operiert, und seine Wunde heilte rasch und gut. Vor 
zehn Tagen erst, an der Marne, hatte ihn das Unglück er 
reicht beim Sturmangriff. Drei Tage vorher war er von Ur 
laub gekommen. Vierzehn Tage Urlaub zur Kriegstrauung! 
Jahrelang hatte seine Braut auf ihn gewartet. 
Nun scheint der Tod für einige Zeit von uns gebannt. 
Es scheint so wenigstens. Unsere Heilung macht gute Fort 
schritte. Einige versuchen erste Humpelschritte. Ich habe 
eines Morgens meine zerschossene, zerfetzte Uniform wie
	        
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