Volltext: Johannes Bünderlin von Linz und seine Stellung zu den Wiedertäufern

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In der Schrift „Aus was Urs ach sich Gott in die nyder 
gelassen etc." kommt die merkwürdige Stelle vor: „Gott, das 
ewig und einzig Gute hat sich anfangs ausgegossen und zwar 
auf zweierlei Weise. 
Erstens geistig und himmlisch in die Engel. Er that diess, 
um einen Gegenwurf zu haben, von dem er erkannt würde, oder 
in welchem er sich selbst erkenne. Denn wäre diess nicht der 
Fall, so wäre es ebensoviel, als wenn Gott nicht wäre. Denn er 
bedarf zu seinem Dasein eines ihn erkennenden Objektes. Zweitens 
aber hat sich Gott in das Gegentheil des Geistes, in die Geschöpfe 
ausgetheilt in Himmel, Erde, Creaturen und endlich hat er den 
Menschen geschaffen nach seinem Vorbild und Gleichniss. 
In dem Menschen ist aber zugleich das sinnliche Element 
neben dem geistigen, welches sich ebenfalls seiner bemächtigen 
will. Damit nun der Mensch Gott nichts anrechne, hat ihn dieser 
volle Freiheit der Wal gelassen, das Gute oder Böse zu thun. 
Wenn er fällt, hat er doch in sich selbst das Mittel der Wieder¬ 
bringung, nehmlieh das göttliche Ebenbild.u 
Mit diesen Worten hat sich Bünderlin die Stelle angewiesen, 
die er unter den theosophischen Schriftstellern der Reformationszeit 
einnimmt. 
Er gehört zu den Vertretern jener Theosophie, welche an¬ 
knüpfend an die deutsche Mystik unter Aufnahme neuplatonischer 
und cabbalistischer Elemente die Gottheit jenes sinnlichen Cha¬ 
rakters, den sie im Laufe des Mittelalters angenommen hatte, zu 
entkleiden, sie zu vergeistigen, die Natur und alles, was sie her¬ 
vorbringt, aber mit dieser vergeistigten Gottheit zu erfüllen 
trachtete. Bündeiiins Gott ist der Gott der Mystiker. 
Gott ist das Allgemeine in allen Dingen, sagt Eckart, das 
sie in sich setzt und trägt und allein sagen kann: „Ich bin". 
Alles andere ist nur eine Bestimmung, eine Weise von ihm. „Sein 
Wesen ist höchste Vernunft, Denken und Wissen; indem er sich 
selbst erkennt und ausspricht, wird die Finsterniss gelichtet und 
der stille Grund der Gottheit zum wirklichen Gott, in welchem 
Sein und Denken identisch sind, weil er in allem sich selbst
	        
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