Volltext: Album des Erzherzogthums Oesterreich ob der Enns

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und Schreibens unter dem hiesigen Landvolke allgemein verbreitet. Es ist dasselbe 
meist fröhlichen Sinnes, nur der Waldbewohner in dem westlichsten Theile des Krei- 
ses ist ernsteren Geistes. Die Schattenseite des Charakters dieser Menschen ist Aber- 
glaube, und Mißtrauen gegen alles Neue, sei es auch als nützlich anerkannt. Daß 
es in einer Wald- und Gränzgegend, wie der westliche und nördliche Theil dieses 
Kreises, nicht an Wildschützen und Schmugglern fehlt, ist begreiflich. Im Anfange 
dieses Jahrhunderts (bis 1803—1806) warder große Schlöglerwald besonders ein 
Aufenthalt der gefürchteten Passauer-Wildschützen und Schleichhändler. Die Aus- 
lichtung der Forste und die fortgesetzte Jagd, die auf sie gemacht wurde, hat sie end- 
lich vertrieben. — Die Nahrung des hiesigen Landvolkes ist höchst einfach. Sie besteht 
in Roggenbrot, Knödeln (Klössen), Sterz, Griesbrei und Schmarren (eine aus 
Eiern, Milch, Mehl und Schmalz zusammengesetzte Speise). Nur zuweilen wird 
noch ein Eierkuchen, Gemüse oder Kartoffeln hinzugefügt. Fleisch wird höchst selten 
genossen, und zumeist in geräuchertem Zustande. Fleischbrühe kennt man bei dem 
Landvolke fast gar nicht, sondern man genießt Brennsuppe, Rahmsuppe oder Sauer- 
suppe (die letzte wird aus Milch, Essig und Mehl bereitet). Die Waldbewohner an der 
böhmischen Gränze sind meist auf diefe Sauersuppe, aufKartoffeln und Haferbrot 
beschränkt. Das Getränk ist Wasser, Äpfelmost, oder einfaches Bier oder Branntwein. 
Zu gewissen Zeiten feiern die vermöglicheren Bewohner besondere Gastereien, als zu 
Martini, im Fasching, zur Erntezeit u. s. w. Das Allerheiligenfest ist besonders 
berühmt; da ladet jeder bemittelte Bauer seine Pathen zum Mahle, welches so reich 
ausgestattet wird, daß die Kleinen noch ansehnliche Portionen nach Hanse bringen; 
doch ist es Sitte, daß auch sie dem Pathen irgend eine unbedeutende Kleinigkeit zum 
Geschenke bringen. Zu den beliebten Volksbelustigungen gehört das Scheibenschießen, 
Kegel-und Kartenspiel, Sackspringen, Wettrennen mit Pferden, Eierln <ein Spiel 
ff mit den Ostereiern), Eisschießen und Tanzen. Hier, wie in den Alpenländern der 
Monarchie, herrscht die Sitte, daß die Bursche beim Tanze Lieder (die sogenannten 
B a sse l n) improvisiren, welche von ihrem natürlichen Witze zeugen; bei den Kinds- 
taufen, Hochzeiten und Leichenbegängnissen herrschen in diesem Ländchen auch noch 
eigenthümliche, uralte Gebräuche, deren Schilderung indessen für den Raum unserer 
Darstellung nicht geeignet ist. Was die Sprache der Bewohner des Mühlkreises 
betrifft, so wird im ganzen Kreise deutsch gesprochen. Nur an der böhmischen Gränze 
wird oft vermöge des lebhaften Verkehrs, besonders auf dem Schwarzenbergischen 
Schwemmkanale und dann auf der Eisenbahn, die böhmische Sprache laut. Man 
bemerkt im Dialekte der Mühlkreisbewohner besonders dreierlei Abstufung. Längs 
der Jsper im Osten des Kreises, so wie im Süden, längs der Donau, herrscht der
	        
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