Volltext: Die Kämpfe im Baltikum nach der zweiten Einnahme von Riga

28 
Der Kampf um Südlivland. 
und Handgranatenfeuer erhielt und dieses erwidern mußte. Ein Putsch¬ 
versuch lettischer Rekruten wurde vereitelt, aber die Übergriffe gegen deutsche 
Offiziere und Mannschaften mehrten sich. Auch die Haltung der Brigade 
Ballod war in den letzten Tagen immer undurchsichtiger geworden. Ihr 
Führer hatte sich nach Riga begeben und führte von dort aus selbständige 
politische Verhandlungen. Er versuchte trotz des Verbots des General¬ 
kommandos, bei der 2. Infanterie-Brigade befindliche lettische Forma¬ 
tionen') an sich zu ziehen. Offiziere seiner Brigade verhafteten in Majoren- 
hof am 27. Juni sogar einige Minister der Needra-Regierung, die aller¬ 
dings auf Befehl des Grafen von der Goltz wieder freigelassen wurden. 
Auf dem linken Düna-Ufer hatte die 2. Infanterie-Brigade die 
Front gegen die Bolschewisten mit leichter Mühe gehalten. Zu Kämpfen 
war es, abgesehen von Patrouillenschießereien, nicht gekommen. Dagegen 
lebten im Hinterlande die Versuche wieder auf, im Wege der Zwangs¬ 
mobilisierung neue Kräfte gegen die Reichsdeutschen und Balten auf die 
Beine zu bringen. Auch die lettischen Ortskommandanten in der Goldinger 
und Frauenburger Gegend machten sich wieder unliebsam bemerkbar. Die 
wenigen zur Sicherung des rückwärtigen Geländes verfügbaren Kavallerie¬ 
abteilungen waren diesem Treiben gegenüber schon angesichts der großen 
Entfernungen ziemlich machtlos. 
Schließlich war aus den früher angeführten Gründen8) am 23. Juni die 
Räumung von Libau durchgeführt worden. Die bisherige Be¬ 
satzung hielt die Linie Dwirbakow—Grobin—Bernaten besetzt. In Libau 
hatte die zu diesem Zweck herangeführte russische Abteilung Lieven die 
Ordnung aufrechterhalten und Unruhen im Keime erstickt. Ihr Führer, 
Oberst Janowitsch, unterstellte sich dann aber ohne weiteres den Engländern 
und ließ sich und seine Truppe als Staffage beim Einzug von Ulmanis 
und Gough mißbrauchen. Zum Dank wurde die kleine Truppe später zur 
russischen Nordarmee (Judenitsch) nach Jngermannland überführt und teilte 
dort deren schweres, von England verschuldetes Schicksal8). In Libau setzten 
die Engländer die Ulmanis-Regierung ohne die am weitesten links 
stehenden Minister Sahlit und Goldmann wieder ein und leiteten den 
Antransport des in Estland aufgestellten Semitan-Regiments in die Wege. 
Ministerpräsident Needra begab sich unter den Schutz der bisherigen reichs- 
deutschen Besatzung und kündigte seinen Entschluß an, nicht zurückzutreten 
*) Von btt Abteilung Brandiö aufgestellt. 
2) S. 15. 
3) Die Armee verkam im Jahre 1920 infolge vollkommenen Mangels an allen 
Hilfsmitteln.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.