Volltext: Gunther der Minnesänger

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anhebenden Tanzes werden die beiden Themen mannigfach kontra 
punktisch verarbeitet. Nach einer packenden Steigerung wird neuer 
dings das Mailied vom Chor, nunmehr im mächtigen Fortissimo, an 
gestimmt. 
Als nächste musikalische Idee ist das Minnelied Günthers zu 
nennen. 
Die ersten Verszeilen werden nur von Harfenakkorden begleitet. 
Erst bei der Stelle 
-ö-rtz— 1 
—f-T-jt-n 
5' • 1 
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V- P . 
- P V- - 
„so will bei Hellern Saitenspiel' 
erscheint das Minnelied im Zusammenhange. 
Innere Begeisterung, aber auch schon eine geheim verhaltene 
Leidenschaft steckt in diesem Minne-Preislied. Sinnig bricht nach einer 
dynamischen Steigerung der Sang plötzlich ab. Die Septimenhar 
monie von G löst sich in den Sextakkord von Es-Dur auf. Im ver 
langsamten Zeitmaß ist Günthers Liebeserwachen eingeflochten. Ein 
kräftiger Chorsatz: „Dank, Ehr' und Preis dem Sänger" folgt. Beim 
Ueberreichen der Kette durch die Herzogin erklingt das Thema „Minne 
lied-Dank". Den Chor „Wonniger Mai" wiederholend, ziehen alle bis 
auf Günther und Hedwig ab. In der Ueberleitung tauchen verkürzte 
Phrasen aus dem Maifest zu gebrochenen Harfenakkorden auf. 
Ein Bild voll Herbheit, wie von undurchdringlichen Nebelmassen 
eingehüllt, entwickelt sich. Wie Günthers Liebesparoxysmus nach und 
nach immer deutlicher zum Durchbruche kommt, das malen die Or 
chesterfarben, Ton auf Ton auftragend. Da Günther sich zu Beginn 
der Szene an die Schläfe greift, dabei sich fragend „wie rst mir?" singt 
das Cello ganz allein ein Bruchstück aus Günthers Liebeserwachen. 
In einem kurzen Kanon in der Sekunde treten nach und nach die 
übrigen Streichinstrumente hinzu. Das Motiv „Günthers Liebeser 
wachen" wird von nun ab zur Charakterisierung des Liebesparoxysmus 
verwendet Darin zeigt sich bewußte Synonymität. Die Umwandlung 
des Motives von Günthers Liebeserwachen in das des Liebesparoxys 
mus bietet eine Handhabe zum Verstehen der Anlage und zur Durch- 
denkung des Werkes. Man kann dadurch in die innersten psychologi 
schen Falten dieses Musikdramas eindringen. 
Farbentöne zwischen Streich und Holz wechseln. Jedes wieder 
auftauchende Motiv eines früheren bedeutsamen Momentes der Hand 
lung wird neu beleuchtet. Es gewinnt der Minnelied-Dank in der 
nunmehrigen krankhaften Stimmung Günthers eine andere Bedeu-
	        
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