Volltext: Das Bild als Waffe

bestreiten konnten, fanden im Bild die verdiente Anerkennung. Die Ver¬ 
ehrung und Liebe der breiten Massen, wie sie in Deutschland etwa einem 
Hindenburg zuteil wurde, hat er sich nie erringen können. 
Die Figur des Präsidenten der Republik, Raymond Poincare, 
spielte in der Weltkriegspropaganda auf französischer Seite keine Rolle. 
Gelegentlich, aber nicht allzu häufig, sah man die Bildnisse verbündeter 
Heerführer und Regenten: Albert I. von Belgien, Großfürst Nikolai, Lord 
Kitchener usw. Zusammenfassend ist zu sagen, daß die Verherrlichung 
einzelner Führerpersönlichkeiten in der Publizistik des republikanischen 
Frankreichs sich in bescheidenen Grenzen hielt. Um so häufiger wurden 
— neben dem kämpfenden Soldaten — Tapferkeit und Duldermut von 
Frauen und Kindern der Nation als leuchtendes Beispiel hingestellt. 
# d) Frauen und Kinder. 
Zu Kriegszeiten gibt es für den wehrfähigen Mann — wenn wir den 
Schwerarbeiter in der Rüstungsindustrie als Ausnahme gelten lassen wol¬ 
len — nur einen Platz, wo er Ruhmeslorbeeren und Achtung der Heimat 
ernten kann: den Schützengraben. Alles, was trotzdem mit oder ohne 
Berechtigung die friedsame Kleidung des Bürgers trägt, statt „in Blut und 
Schmutz“ seine Pflicht zu tun, setzt sich den beißenden Angriffen der 
Satiriker aus. Die Heldenrolle des Mannes an der Front wird in der 
Heimat von der Frau und vom Kind übernommen. 
Als Thema der französischen Bildpropaganda verkörperte die Frau 
den unerschütterlichen Siegesglauben der Heimat. Gewiß gab es im 
seichten Gewässer der mondänen Witzblätter Hunderte und Tausende von 
kitschigen Zeichnungen erotischer Natur, in denen nur die elegante Uni¬ 
form des Galans an den Krieg erinnert, aber bei solchen Machwerken be¬ 
stand doch wohl nur in den seltensten Fällen die Absicht bewußter Wer¬ 
bung, und sie fallen damit aus dem Rahmen dieser Untersuchung. 
Was wir vielmehr unter den Inhaltsgruppe „Frau und Kind“ 
des innenpolitisch-positiven Teiles französischer Bildpropaganda ver¬ 
stehen, das soll als hervorragendes Beispiel das Blatt «Le permission- 
naire s’en va» zeigen (vgl. Abb. 5). Es gibt kein zweites Bild, das see¬ 
lisches Heldentum und innere Größe der Soldatengattin ergreifender ge¬ 
staltet hätte. 
Anlaß zu ähnlichen Zeichnungen boten die Leiden der Zivilbevölke¬ 
rung in den Kriegs- und in den besetzten Gebieten. Oft mischt sich in 
ihnen das werbende Element mit dem satirischen, wenn nämlich der ge¬ 
haßte Feind als Urheber aller Leiden hingestellt wird. H u a r d war 
der Künstler der kleinstädtischen Biedermänner, hinter deren schrullen¬ 
haftem Äußeren sich unter dem feindlichen Druck ein mannhaftes und 
zu den größten Opfern bereites Herz offenbart (Abb. 24 u. 25). 
Schulte Strathaus 8 
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