Volltext: Das Bild als Waffe

Dalignan erschienenes Blatt von Poulbot, das eine kleine Szene im Kampf¬ 
gelände darstellt: Drei Soldaten im Schützengraben spielen Karten. Der 
Jüngere wendet sich erschrocken um, als neben ihm eine Granate platzt, 
worauf ihn der Ältere mit den Worten: „Gib acht auf deine Karten; spielst 
du oder spielst du nicht?“ zurechtweist. 
Solche erniedrigenden Übertreibungen, mochten sie auch gut gemeint 
sein, hatte der Heroismus des Kämpfers zu seiner Verherrlichung nicht 
nötig. Feinere Künstler schufen da unvergleichlich Besseres. Wir er¬ 
innern an Forains «Philosophie du front», ein Bild, das die tiefe Tragik 
des Krieges ergreifend gestaltet 303 (Abb. 14). 
Einer besonders harten Belastungsprobe wurde die moralische 
und militärische Widerstandskraft des französischen Heeres während der 
mörderischen Verdunkämpfe des Jahres 1916 unterzogen. Der Be¬ 
deutung des deutschen Ansturmes und seiner Folgen war sich die öffent¬ 
liche Meinung Frankreichs bewußt, während man den Sieg an der Marne 
erst nach geraumer Zeit in seiner ganzen Auswirkung erkannt hatte. Aus 
dieser Zeit datieren die schönsten Bilder der Bewunderung für den helden¬ 
haften Verteidigungswillen des Heeres. Das Grauen des Massentodes 
hatte den leichtfertigen «Je-m’en-fichisme» des ersten Kriegsjahres zu¬ 
rückgedrängt. 
Gegenüber den krassen Schilderungen der deutschen Barbarei mußte 
der Edelmut des französischen Soldaten in um so hellerem Licht er¬ 
strahlen. Das Wort Victor Hugos: «Donne-lui tout de meme ä boire, 
dit mon pere!» wurde bis zum Überdruß illustriert. Marcel Bloch ver¬ 
wendete es als Beischrift für seine Zeichnung „Die französische Methode“, 
auf der ein Franzose einem verwundeten Deutschen zu trinken gibt 304. 
Andererseits darf nicht unerwähnt bleiben, daß es auch Zeichner gab, die 
sich nicht scheuten, durch ihre Darstellungen zur Mißhandlung Ge¬ 
fangener aufzureizen. 
Die farbigen Hilfstruppen Frankreichs erfreuten sich be¬ 
sonderer Wertschätzung. Mit Vorliebe stellte man den verwundeten 
Negersoldaten als umworbenen Gegenstand sorgfältiger Pflege der weißen 
Krankenschwester hin. Blätter vom Schlage der VIE PARISIENNE 
taten sich in der Behandlung dieses unerquicklichen Themas hervor. Daß 
solche Zeichnungen gleichzeitig als skrupellose Lockmittel für die far¬ 
bigen Soldaten gedacht waren, beweist die arabische Beischrift zu einem 
Bild in der VIE PARISIENNE, auf dem ein lachender Neger als „heim¬ 
kehrender Sieger“ von einer weißen Frau umarmt wird: „Du wirst sehen, 
mein Othello, daß nicht nur in der Musik eine Weiße soviel wert ist wie 
zwei Schwarze!“ 305 
Wenn irgendeine Waffengattung des Heeres sich in der Heimat Be¬ 
liebtheit und Achtung erworben hatte, so waren es die Flieger. Wie 
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