Volltext: Das Bild als Waffe

Die Kriegsziele Frankreichs wurden mit Ausnahme der Forde¬ 
rung auf Kriegsentschädigung und Rückgewinnung Elsaß-Lothringens 
wenig erörtert. 
In der Werbung um Elsaß-Lothringen hatten sich die beiden 
elsässischen Zeichner Hansi und Zislin schon vor dem Kriege hervorgetan. 
Ihre Forderung nach Rückgliederung der „verlorenen Provinzen“ wurde 
später von der gesamten Bildpropaganda übernommen. Sentimentale Bil¬ 
der von hübschen Elsässerinnen in ihrer Tracht wurden in großen Mengen 
verbreitet. Hansi zeichnete eine Ansichtskarte „Sein erstes Spielzeug“, auf 
der eine Elsässerin an der Wiege ihres Kindes dargestellt ist, dem sie eine 
Puppe in Gestalt eines französischen Soldaten reicht 300. Derselbe Künstler 
illustrierte das Titelblatt einer 1916 erschienenen Broschüre „Wo ist der 
Platz Elsaß-Lothringens? In Frankreich!“ mit dem Bild des Straßburger 
Doms, auf dem die französische Fahne flattert301. Dem Ruf, die Frage 
der Nationalität in den Reichslanden durch eine Abstimmung zu klären, 
begegnete Faivre durch sein eindrucksvolles Bild: «On ne choisit pas sa 
mere!» 302 
b) Soldat und Heer. 
Den Hauptteil an der positiven Werbung durch das Bild nahmen 
Mut und Seelengröße des kämpfenden Soldaten in Anspruch. 
Es kann nicht verwundern, daß man ihn zum Idealbild des französischen 
Menschen überhaupt machte. Wie man den Begriff «Boche» mit allem 
Gemeinen, Häßlichen und Niedrigen verband, so wurde der «Poilu» zum 
Inbegriff aller menschlichen Tugenden, aller soldatischen Vorzüge und 
guten Eigenschaften, die man sich nur ersinnen konnte. Seine Begeiste¬ 
rungsfähigkeit und sein Mut im Angriff, seine Kaltblütigkeit in der Ge¬ 
fahr, sein unbeugsamer Verteidigungswille und seine Menschlichkeit selbst 
dem Feinde gegenüber wurden in unzähligen Bildern gepriesen. Die 
«gaite» des Frontsoldaten, der Schützengrabenhumor, diente den Kari¬ 
katuristen als unerschöpfliche Fundgrube. Es ist hier, ähnlich wie bei der 
Frontpresse, oft schwer, unterhaltende Bildscherze und bewußte Propa¬ 
ganda zu unterscheiden. Immerhin kann bei den meisten humoristischen 
Zeichnungen dieser Art angenommen werden, daß zum mindesten die Ab¬ 
sicht vorlag, die gute Stimmung an der Front zu zeigen und damit er¬ 
munternd auf die Heimat zu wirken (vgl. dazu Abb. 13). 
Gewisse Übertreibungen, vor allem in der Massen- und der 
seichten Witzblattpresse, führten jedoch zu Protesten der wirklichen 
Frontkämpfer, die ihr Heldentum in unwürdiger Weise verniedlicht sahen. 
Der Witzblattyp des in jeder Situation geistreich witzelnden Poilu und 
sein stereotypes «On ne s’en fait pas» hatten in der Tat mit der Wirk¬ 
lichkeit nicht mehr viel gemein. Als Beispiel nennen wir ein im Verlag 
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