Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Wie es zum italil 
nell Rodd, die französische Loge und ihr politisches 
Gefolge schon damals zu drillen begannen. Da waren vor 
allem die Zeitungen, die nur von französischen Siegen wußten, 
Deutschland und Hsterreich-Ungarn täglich vernichteten, 
Hindenburgs Erfolge durch ihre „militärischen Sachver- 
ständigen" verkleinern ließen, die Kriegsberichte der Mittel-- 
mächte versteckten, deutsche Greuel erfanden und die Alliierten 
Tag um Tag mit Balkenlettern feierten. (Die alte Klage 
über die allzuguten Vertreter der feindlichen Presse im 
Ausland wurde damals mit Grund erneuert; was konnte 
nicht ein Korrespondent wie D i l l o n den Engländern von 
Rom aus alles mitteilen!) Mussolini, ehemals Sozial- 
demokrat, wurde ein wütender Nationalist und bekam 
sein eigenes Blatt, Bücher und Broschüren ereiferten sich 
für das heroische Frankreich und für — die unerlösten Brüder. 
Maeterlinck begeisterte die Italiener für Belgien, 
belgische Redner erregten Mitleid für ihr geopfertes Land 
und Wut und Haß gegen die deutschen Unterdrücker. Die 
Straß? (la piazza) begann zu schreien und einzuschüchtern, 
und Gold, viel Gold floß. Bald gab es eine immer rücksichts- 
losere Partei gegen die Zentralmächte, und je schwächer sie 
an Zahl war, desto größer war ihr Geschick und ihre Macht. 
Salandra gab sich ihr ohne jede Hemmung hin: er 
selbst hat später gestanden, daß er einen seiner Minister, 
Orlando, nur durch das Versprechen, den Krieg vor-- 
zubereiten, für sein Kabinett gewinnen konnte. Aber damals 
durfte er noch nicht allzu offen sein. Doch enthielt die Rede, 
mit der er sich am z. Dezember der Kammer vorstellte, schon 
genug: sie enthielt die Schlagworte vom „geheiligten Egoist 
mus" Italiens, von den „gerechten Forderungen" und „legi- 
timen Interessen". Es waren die Forderungen der Jrredenta 
oder sie konnten es doch sein. Die Kriegshetzer verstanden 
sie so und begrüßten den Minister lärmend als den ihren. 
Und alsbald begann jenes Markten zwischen Rom und Wien, 
dessen italienischen Anteil Graf B e r ch t o l d durch die Aus- 
drücke „Erpresserpolitik" und „Schraube ohne Ende" richtig 
gekennzeichnet 
hat. Eben hat- 
ten nämlich die 
Truppen der 
MonarchieBel- 
grad erobert 
und so meldete 
seine 
Kompensa- 
tionsansprüche 
nach dem be- 
rühmten Ar- 
tikel VII an. 
Wirklichkeit 
war ja die ser- 
bische Grenze 
schon wieder- 
holt überschrit- 
ten worden, 
ohne daß Jta- 
lien eine vor- 
her vereinbarte 
, Entschädigung 
verlangt hätte. 
Aber das war 
italienischer Minister das neue, 
das große Ml- 
ischen Kriege kam. 15 
nisterium S a l a n d r a-S 0 n n i n 0! Deutschland entsandte 
den Fürsten Bülow, zuvor Botschafter in Rom und Kanzler 
des Deutschen Reiches, überdies einer Italienerin vermählt, 
als landeskundigen Vermittler. Ihm gegenüber sprach S 0 n- 
n i n 0 die annexionistischen Phrasen schon vernehmlicher aus. 
Und während Serbien wieder geräumt werden mußte, nahm 
sich Italien Valona, lehnte aber Kompensationen hierfür ebenso 
heftig ab wie für den Dodekanes, den es trotz dem Frieden 
von Lausanne noch immer festhielt. Ganz deutlich wurde 
S 0 n n i n 0 in den ersten Tagen des neuen Jahres. Am 
11. Jänner 1915 ließ er in Wien althabsburgisches Gebiet 
fordern, weil zwar Serbien geräumt, aber doch das Gleich- 
gewicht auf dem Balkan gestört worden sei. Gras B e r ch t 0 l d 
übergab sein Amt dem Baron B u r i a n und der Handel 
ging weiter. Fürst Bülow riet in Rom, nicht zuviel zu 
verlangen, denn die Monarchie würde eher Krieg führen als 
Triest abtreten; man möge sich mit dem Trentino zufrieden 
geben. Baron Burian erklärte, das Verlangen nach 
österreichischem Gebiet stehe im Widerspruch mit dem Drei- 
bund, dessen Vertragsstaaten einander darin ihre Gebiete 
garantiert hatten. Er forderte vor allem Kompensationen 
für Valona, Sonnino lehnte sie ab und verlangte 
vielmehr eine prinzipielle Erklärung, daß die Monarchie 
Entschädigungen aus ihrem Gebiet geben werde; verlangte 
künftighin eine Vereinbarung vor jedem Vorrücken in 
Serbien, sonst sei Hsterreich-Ungarn vertragsbrüchig. In- 
zwischen war G i 0 l i t t i s Ansicht bekannt geworden, daß 
Italien jetzt Einiges („parecchio") auch ohne Krieg bekommen 
könne und das fast ganze neutralistische Parlament Italiens 
ging mit der Hoffnung auf eine Verständigung auseinander. 
Damals hätte Giolitti die Führung leicht übernehmen 
können; umso gewisser verrannten sich Salandra und 
Sonnino in ihrem Eigensinn. Die Verhandlungen mit 
der Monarchie drohten zu scheitern, die Rüstungen Italiens 
waren (nach D i l l 0 n) beendet. Da gab ein Kronrat in 
Wien nach und bewilligte Kompensationen auf dem Gebiet 
Österreich - Un- 
garns (y.März). 
Salandra ver- 
langte diese 
Kompensatio- 
nen für sofort 
und wollte 
Einigung 
nen zwei Wochen 
als Bedingung 
weiterer Ver- 
Handlungen zu- 
gen während des 
Krieges erklärte 
Österreich - 
garn für 
möglich,Deutsch- 
land aber über- 
nahm die Ge- 
währ für eine 
loyale Durch- 
führung alsbald 
nach dem Frie- 
densschluß. Aber Francesco Crispi, früherer italienischer Minister 
die Ententebot- des Äußern.
	        
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