Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Wie es zum italienischen Kriege kam. 11 
denta,nämlich was 
unsere Landwirt-- 
schaft, unsere Ar-- 
beiter und die 
soziale Frage an- 
langt". Sonni-- 
n o (gerade er!) 
bezeichnet Deutsch- 
laud und Hster-- 
reich--Ungarn als 
Verbündete, die 
etwas zu bieten 
hätten; der Mi- 
nister Mancini 
nannte 1883 in 
der Kammer das 
Verlangen, nur 
eben die österrei- 
chischen Italiener 
zu erlösen, einen 
Aberwitz und warf 
den Jrredentisten 
vor, sie verlang-- 
ten weniger Trient 
und Triest als viel- 
mehr den Unter- 
gang der mo- 
narchischen Regierung. Die Diktatur C r i s p i s brachte 
denn auch eine größere Macht der Dreibundpolitik mit sich 
und damit eine Krise des Jrredentismus. Der allmächtige 
Staatsmann löste 1889 das Zentralkomitee pro Trento e 
Trieste auf; allerdings dachte auch er insgeheim noch an 
irgend eine Möglichkeit, das Trentino zu erwerben. Und im 
selben Jahr wurde der italienische Schulverein Dante Ali g- 
h i e r i gegründet, nach dem großen Dichter--Propheten be- 
nannt, der sich als Heiliger des italienischen Nationalismus 
so schlecht wie nur möglich ausnahm. Und ebenso wurde 1890 
im italienischen Sprachgebiet Österreichs statt des von der 
österreichischen Regierung aufgelösten Vereins „Pro patria" 
die „Lega Nazionale" als Kampfgemeinschaft, besonders als 
Schulverein gegründet. Die abessynische Niederlage von 1896 
nötigte Italien auch weiterhin zu schweigen und seinen Irre- 
dentismus zu „dulden". 1900, beim Tode „seines" Königs 
H u m b e r t, legte Triest Trauer an. 190z und 1904 
scheiterten die Versuche, das Verlangen der österreichischen 
Italiener nach einer italienischen Universität in Innsbruck 
zu erfüllen. Jrredentistifche Mitleidenskundgebungen zwangen 
die italienische Regierung zu scharfen Mitteln. (Belagerungs- 
zustand in Rom!) 1905 sprach der irredentistische Präsident 
der italienischen Kammer, M a r c 0 r a, öffentlich von „un- 
serem Tirol"; Österreich-Ungarn erbat und erhielt Genug- 
tuuug. 1906, im Jahr von Algeciras, behauptete der 
Minister Ti t t 0 n i, eine langsame, aber unausgesetzte Besse- 
rung der Beziehungen zu Hsterreich-Ungarn verzeichnen zu 
können. Noch im selben Jahr erschien das merkwürdige und 
stark beachtete Buch von P e l l e g r i n i: „ Verso la guerra": 
Hsterreich-Ungarn wolle nicht zerfallen und so sei der Zu- 
sammenstoß mit ihm unvermeidlich und man müsse ihn vor- 
bereiten. 1907 erregte die nationalistisch-imperialistische Ten-- 
denz des Dramas „La nave" von d'Annunzio, in dem die 
Herrschaft über die Adria verherrlicht wird, irredentistische 
Kundgebungen. Der König war wiederholt bei Aufführungen 
des Stückes anwesend und ließ sich huldigen. 1908 entbrannte 
Trient, Dom und Neptunbrunnen. 
der Lärm wieder um den Plan der italienischen Universität, 
die diesmal in Triest errichtet werden sollte. Die Universität 
in Triest war nach dem Geständnis von Castellin.i 
und Fauro ein Kampfzeichen des Jrredentismus; dafür 
agitieren hatte allein schon seinen Wert. Man hörte vom 
Jrredentismus, man wurde aufgereizt und aufgewühlt. 
Danach darf man, von anderen Erwägungen abgesehen, bei-- 
nahe daran zweifeln, daß es sich den österreichischen Italienern 
da wirklich um eine Kulturforderung gehandelt hat. 
Es war das Jahr der Annexion. Die Dreibundfreund- 
schaft war wiederum feierlich erklärt worden und 1909 pen- 
sionierte die italienische Regierung den General Asi nari d i 
Bernezz 0 wegen einer irredentistischen Rede in Brescia. 
In diesem Jahre 1909 erschienen die ersten „nationalistischen" 
Blätter. Damit löste der Nationalismus den Jrredentismus 
beinahe ab; er hatte die höheren Ziele und die weiteren Hori-- 
zonte, dachte an die Gewinnung aller italienischen Sprach- 
gebiete, aber auch an eine Erneuerung Italiens im Innern 
und war fortan der reinere, der eigentliche Ausdruck des 
italienischen Imperialismus. Draußen gab R a c c 0 n i g i 
das Zeichen des Jahres. 1910: Fortsetzung der Kleinarbeit; 
Gedenktag der vor 20 Jahren gegründeten Lega Nazionale; 
Bestrebungen zur „Entdentschung" des Gardasees, denen 
indes die um ihr Verdienst besorgten Kurgemeinden 
alsbald abwinkten. Futuristische Dichter, die um jeden Preis 
auffallen wollen, demonstrieren in Mailand gegen Österreich- 
Ungarn und sehen ihre List belohnt. D'A nnunzio dekla¬ 
miert in einem Theater über die italienische Luftschiffahrt und 
gegen den „vielgeliebten Bundesgenossen, der das venezianische 
Meer begehrt". 700 Triestiner pilgern nach Mailand. In 
Rom feiert man B a r z i l a i, der dort seit 2? Jahren 
einen Wahlkreis vertritt. 1911, während des Tripolis- 
Feldzuges, wird der Volkstümlichkeit des Dreibundes der 
Generalstabschef der k.u.k.Armee, Conrad v.Hoetzen- 
d 0 r f, geopfert, den die Jrredentisten als Feind Italiens 
ausschreien. (Es sprach für das Bündnis, daß er 1912, in
	        
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